in Catholica

Inkonsistenz

Nach wie vor kreist die Debatte um ekklesiologische Fragen. Wer oder was konstituiert die Kirche? Matthias schreibt in den Kommentaren:

„Es gibt verschiedene kirchliche Glaubensgemeinschaften, die für mich aber wegen ihrer Orientierung auf Christus hin allesamt als legitime Teile einer Gesamtkirche anzusehen sind. Schade, dass ich das offenbar nicht begreiflich machen kann.“

Ich halte dem entgegen:

„Du kannst es nicht begreiflich machen, weil es logisch nicht konsistent ist. Sad to say. Ohne Logik aber lässt sich nichts begreifen.“

Philipp möchte jetzt wissen, wo die logische Inkonsistenz liegt.

Ganz einfach: Es gibt keinen kleinsten gemeinsamen Nenner dieser verschiedenen kirchlichen Glaubensgemeinschaften in der Frage, was die Kirche ist. Selbst Minimalaussagen wie Christus ist das Haupt der Kirche sind strittig. Wie sollen die besagten verschiedenen kirchlichen Glaubensgemeinschaften Teile einer Kirche sein, wenn sie nicht einmal gemeinsam sagen können, was diese Kirche eigentlich ist?

Das reicht als Inkonsistenz bereits völlig aus. Noch weiter auseinander gehen die Ansichten, was die Frage der Legitimität angeht. Es gibt kirchliche Glaubensgemeinschaften, die nur sich selbst als legitime Nachfolger Christi ansehen (die römisch-katholische Kirche gehört nicht dazu). Die würden sich definitiv nicht als Teile einer inhaltlich nicht näher bestimmbaren Gesamtkirche verstehen und diesen Vereinnahmungsversuchen vehement widersprechen.

Wenn die Orientierung auf Christus hin nicht mehr bedeutet als Christus ist die Wahrheit, alles andere ist Menschenwerk, dann ist dieser Maßstab keiner. Es gibt dann kein Kriterium, falsche Zeugen als solche zu erkennen (jedenfalls nicht an ihren Aussagen, da ja alle möglichen Aussagen wahr sein könnten). Es gibt kein Kriterium, die Legitimität der Zugehörigkeit zur Kirche zu erkennen. Letztlich kann dann jeder behaupten, er sei Teil der Kirche, weil er sich auf Christus hin orientiere. Mormonen? Zeugen Jehovas? Sind alle legitime Teile einer Gesamtkirche – deren Vorrat an Gemeinsamkeiten praktisch gegen Null geht.

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Kommentar

27 Kommentare

  1. Selbst wenn das stimmen würde, wäre es kein Aufweis der Konsistenz…

  2. Du sprichst in Rätseln. Was meinst Du mit Deinem ersten Kommentar? Ich kann keinen Zusammenhang zum Thema erkennen (bestenfalls erahnen, aber als Dein Interpret lag ich jetzt schon öfter falsch).

  3. Ja, aber Jesus sagt in Mat 7, dass man den Willen Seines Vaters tun sollte. Dieser Wille muss für die Menschen erkennbar sein – sonst könnte ja kein Mensch wissen, was „der Wille des Vaters“ denn ist…

    Ich sehe etwa neben den Werken der Nächstenliebe auch die Aufträge des Herrn – etwa, Sein Leib und Sein Blut zu uns zu nehmen, zu taufen – als Teile des „Willens des Vaters“.

    Ich habe Dich ja schon man gefragt (und bisher keine Antwort erhalten – soweit ich weiß), ob Du meinst, dass eine christliche Gemeinschaft, die diese Aufträge Christi nicht erfüllt bzw. ablehnt, den Glauben wirklich Seinem Willen gemäß lebt…

  4. Wenn Christen das Ziel, den Willen des Vaters zu erkennen und zu tun, erreicht hätten, bräuchten wir diese Bitte des Vaterunsers nicht mehr.

    Wie schrieb Paulus: „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach…“
    Den Willen Gottes zu erkennen und voll und ganz danach zu handeln ist nicht ganz das Gleiche…

    Eine heilige Handlung als Sakrament abzulehnen impliziert für mich weder, deshalb den Auftrag Christi abzulehnen, noch, sie nicht zu erfüllen.

    Aber wenn man den Auftrag überhaupt nicht tut – weil man es (nach eigenen Kriterien) für „unnötig“ hält? Wo bleibt da der Gehorsam Christus gegenüber?

  5. Übrigens: „Dein Wille geschehe“ weist darauf hin, was Gott von sich aus tut – und bedeutet, dass man sich damit abfindet, weil man Ihm vertraut. Was sich im Vaterunser auf den Menschen und sein Verhalten selbst bezieht, ist:

    wie auch wir vergeben unseren Schuldigern

    und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen

  6. „Solange man am Kirchenbegriff im Sinne von Institutionen festhält, wird man wohl keinen kleinsten gemeinsamen Nenner finden können.“

    Man könnte das vielleicht auch so reformulieren: Solange man am Kirchenbegriff im Sinne einer konkret erfahrbaren Wirklichkeit, einer reale Verantwortung tragenden und durch vom Herrn eingesetzte Sakramente konstituierten Gemeinschaft festhält, wird mal wohl keine Idee einer inhaltlich völlig unbestimmten Gesamtkirche verteten können.

    Woher kommt Dein anti-institutioneller Affekt? (Ich hatte den auch mal, bis ich ihn als solchen erkannte.)

  7. „Und nein, man kann das von mir Gesagte eben nicht so reformulieren, ohne dass sich die Bedeutung völlig verändert.“

    Bingo! Genau das machst Du aber mit dem Begriff Kirche: Du entkleidest diesen Begriff seiner Bedeutungen, bis er nahezu entleert ist (vgl. den Beitrag, auf den sich diese Kommentare beziehen).

  8. Aber ich weiß, dass Institutionen vertreten werden durch Menschen, die im Zweifelsfall eigene Interessen vertreten

    Stimmt schon, stimmt schon… Nur die Kirche ist eben nicht nur eine menschliche, sondern auch eine göttliche Institution…

  9. Matthias, das wird durch gebetsmühlenhafte Wiederholung nicht richtiger. Es ist wirklich an der Zeit, dass Du Deinen Kirchenbegriff inhaltlich bestimmst (und aufhörst, uns leere Formeln als letzten Schrei in ökumenischen Angelegenheiten verkaufen zu wollen).

    Dein Kirchenbegriff wiederspricht auch dem reformatorischen Verständnis (und dem der orthodoxen Kirchen sowie der meisten Freikirchen ohnehin). Gehören Mormonen zu Deiner Gesamtkirche? Zeugen Jehovas? Würde ein unbestimmtes Bekenntnis zu Christus genügen, dann wohl ja. Frag doch mal einen Zeugen Jehovas, wie er die Sache sieht…

  10. Dass ich Deinen Kirchenbegriff weder akzeptieren kann noch will, liegt auf der Hand und habe ich nie verschwiegen.

    Du hast es bislang stets abgelehnt, das für Dich die Zugehörigkeit zur Kirche konstituierende Bekenntnis zu Christus in irgendeiner verbindlichen Weise näher zu bestimmen. Für Dich, sagst Du, ist die Schrift allein (und soviel Tradition, damit überhaupt eine Schrift entstehen konnte) verbindlich. Aber nur für Dich, und andere verbindliche Kriterien sind genauso legitim…

    Für mich hingegen ist Vielfalt nur legitim, soweit sie nicht aus Widersprüchen und Differenzen in wesentlichen Fragen besteht.

    „Es genügt, wenn Jesus weiß, wer zu seinen Nachfolgern zählt und wer nicht.“

    Nein, das genügt eben nicht. Das Leben ist kein Ratespiel und auch keine Lotterie, sondern wir haben unseren Verstand, damit wir die Wahrheit (=Christus), den Weg (=Christus) und das Leben (=Christus) erkennen können. Und damit auch, wer ihm nachfolgt und wer nicht. Die Warnung vor Irrlehrern und falschen Propheten wäre ja überflüssig, wenn es gar keine Irrlehren gäbe…

  11. Ich bezweifle stark, dass es so etwas wie eine göttliche Institution gibt.

    „Du bist Petrus, und auf diesen Fels werde ich meine Kirche bauen.“
    Neeeein, überhaupt keine göttlich eingesetzte Institution…

    Übrigens, wenn die Kirche keine göttlich eingesetzte Institution gibt, dann ist das ganze Christentum hinfällig, weil es in dem Fall nicht authentisch überliefert werden konnte.

    Rufinus (4. Jh.) schreibt in seinem Kommentar zum Apostolischen Glaubensbekenntnis:
    They, therefore, who were taught above to believe in one God, under the mystery of the Trinity, must believe this also, that there is one holy Church in which there is one faith and one baptism, in which is believed one God the Father, and one Lord Jesus Christ, His Son, and one Holy Ghost. This is that holy Church which is without spot or wrinkle. For many others have gathered together Churches, as Marcion, and Valentinus, and Ebion, and Manichaeus, and Arius, and all the other heretics. But those Churches are not without spot or wrinkle of unfaithfulness. And therefore the Prophet said of them, „I hate the Church of the malignants, and I will not sit with the ungodly.“ But of this Church which keeps the faith of Christ entire, hear what the Holy Spirit says in the Canticles, „My Glove is one; the perfect one of her mother is one.“ He then who receives this faith in the Church let him not turn aside in the Council of vanity, and let him not enter in with those who practise iniquity.

    Dabei haben sich die von ihm genannten Häretiker ebenfalls auf Christus berufen und „Kirchen“ gegründet!

  12. Dann bleibt vom gesamten Christentum nicht so sehr viel übrig. Ich für meinen Teil würde, sollte ich zu dieser Überzeugung kommen, folgerichtig zum Agnostiker.

  13. Wenn die Kirche sich nicht auf den in Jesus Christus geoffenbarten Willen des Vaters und auf den Heiligen Geist gründen kann, dann ist sie hinfällig. Und damit auch das Christentum, denn das geht (historisch wie ideell und auch spirituell) allein aus der Kirche hervor. Wenn Deine These stimmt, wäre die römisch-katholische Kirche eine leere Hülle, und alle anderen kirchlichen Gemeinschaften ebenso. Aber das Thema werden wir hier nicht lösen, sondern müssen wir wohl in aller Ruhe abwarten.

  14. Ich entdecke dieses Thema (mal wieder) erst spät, sorry.

    Wie sollen die besagten verschiedenen kirchlichen Glaubensgemeinschaften Teile einer Kirche sein, wenn sie nicht einmal gemeinsam sagen können, was diese Kirche eigentlich ist?

    Weil das aus Sicht der Christen, die dieses Verständnis teilen, kein zentrales Kriterium ist! Weil wir nicht von einer Vereinsmitgliedschaft sprechen. Jesu Reich ist nicht von dieser Welt, die Kirche wird aber begründet durch das Wirken des Heiligen Geistes und ist damit Teil des angebrochenen Gottesreiches. Aber wie alles göttliche entzieht es sich unserer Erfaßbarkeit. Es gibt nur ein einziges Bindeglied („einen Weg“), auf dem wir mit Gottes Reich verbunden sind. Deshalb ist es nichts irgendwie Indifferentes, wenn Matthias immer auf Jesus verweist.

    Wenn nun auf diesem Weg auch welche gehen, die das göttlich-unfaßbare Gebilde „Kirche“ auf die Erde holen und in Beton gießen wollen, schließt das ja nicht aus, daß sie trotzdem zu dem gehören, was die Überlieferung unter Kirche versteht.

    Das wird ja von etwas ganz anderem gesprochen! Da kann (hink los, Beispiel!) einer noch so oft beteuern, er sei nur Deutscher, aber trotzdem ist er für mich auch Europäer.

    Was soll daran inkonsistent sein?

    Wie Matthias Dir schon die ganze Zeit klarmachen will: Du denkst zu eng weltlich. Vom Buch des Lebens gibt es keine Abschrift auf Erden. Und Menschen haben kein Recht, ihre eigenen Definitionen dafür aufstellen zu wollen. Und warum sollte ich nun annehmen, daß Jesus jene zwingend ausschließen muß, weil sie es doch tun?

    Nein, ein gemeinsames Kirchenverständnis ist keine Voraussetzung für eine gemeinsame, eine kat’holische Kirche.

    Daß manche Institutionen diese (zweifellose konsistente) Auffassung nicht nachvollziehen wollen, ist ausgerechnet eines der größten Hindernisse bei dem Bestreben, die Kirche auf Erden als Einheit sichtbar zu machen.

    Und auch auf die hunderste Frage, nach einem verbindlichen Bekenntnis, das die Kirche definiert: nein, die wird anderweitig definiert.

    Und auf den hundertsten Hinweis, Gott wollte eine Institution schaffen: Jesus hat zu Petrus gesprochen, zu einem bestimmten Menschen, dem er eine Aufgabe übertragen hat. So wie Gott vielen Menschen Aufgaben überträgt. Keine Rede davon, daß diese so gegründete Kirche etwas weltliches sein soll oder eine Institution. Mit Petrus soll die Kirche anfangen, sich auf diesen Menschen zwischen Zweifel und Glauben gründen, diese Identifikationsfigur unter den Jüngern. Ich sehe da nirgendwo, daß die Kirche auf ein Amt gegründet werden soll, daß Petrus als erster übernimmt und nach ihm weitere. Da heißt es nicht, es solle eine Organisationsstruktur entstehen. Sondern mit diesem einen Menschen fängt alles an, der wird hinausgehen und den staunenden Menschen predigen. Und diese werden „hinzugetan“, nicht in Listen eingetragen, sondern zu dieser Kirche hinzugetan, ein göttlicher Vorgang, von dem nur ein Schatten auf die Erde fällt.