in Catholica

Sünde

Fachbegriffe des Christentums, erste Lieferung.

Nobody is perfect. Das ist im Grunde ein allgemein einsichtiger, mithin konsensfähiger Satz. Und zwar völlig unabhängig davon, nach welchen Maßstäben hier eigentlich gemessen wird. Kein Mensch ist fehlerlos – verglichen mit seinen höchst persönlichen Idealen, den Erwartungen anderer Menschen, dem kategorischen Imperativ, jeder beliebigen Ethik oder Moral.

Sünde ist ein konkreter Akt: der fehlerhafte Gedanke, das falsche Wort, die (von wem auch immer) verbotene Tat. Jeder einzelne Fehler ist eine Sünde. Sünden können unterschiedlich schwer wiegen, angefangen von der (fast) vernachlässigbaren Kleinigkeit, die einen kaum wahrnehmbaren Schaden anrichtet, bis zur großen Katastrophe, die das Leben kosten kann – fremdes, eigenes oder ewiges Leben. (Was ewiges Leben bedeutet, erkläre ich später. Nur soviel vorweg: Es bedeutet nicht ein sehr langes Leben.)

Sünden bleiben nicht ohne negative Folgen. Und zwar für das ganz banale Alltagsleben. Sünden sind irreversibel; man kann sie nicht ungeschehen machen. Sie sind ein Stachel im Fleisch; meistens ist ein schlechtes Gewissen (muss ich diesen Begriff auch erklären?) ein untrügliches Zeichen für eine Sünde. Das Gewissen drängt den Sünder – also den Menschen, der eine oder mehrere Sünden begeht – dazu, die Sache wieder aus der Welt zu schaffen.

Schenke den Sündern die Gnade der Bekehrung; führe uns alle durch Buße zum Heil.

Diese Fürbitte steht im Kleinen Stundenbuch in der Vesper vom Donnerstag der dritten Woche. Neben Sünde sind darin gleich vier weitere Fachbegriffe des Christentums enthalten, drei davon stehen bereits auf der Liste. Den vierten füge ich jetzt hinzu.

Schreibe einen Kommentar

Kommentar

  1. Das soll „Sünde“ sein? Ein Fehler? Wenn ich mich verrechne, ist das Sünde? Damit wären ja auch Tiere und Maschinen zur Sünde fähig! Woher stammt denn solche Definition?

    Ist Sünde nach gängiger, bewährter Definition nicht ein Zustand der Gottesferne, die sündige Tat ein Zeichen der Trennung von Gott?

    Also bitte nochmal den „Sündenfall“ genauer anschauen. Mit „Nobody’s perfect“ hat das wenig zu tun. Fast eher erscheint das Gefühl der eigenen Unvollkommenheit als ein Symptom der Sünde!

  2. Martin hat eine – sagen wir – im säkularen Umfeld verständliche Definition des Begriffes „Sünde“ gebracht. Welcher Agnostiker kann sich bitte schon unter „Zustand der Gottferne“ was vorstellen?

    „Nobody’s perfect“ ist natürlich nicht die Definition der Sünde. Es ist – wenn schon – die Definition der Erbsünde (bzw. der Konkupiszenz, also des „Restes der Erbsünde“ nach dem Abwaschen der Erbsünde selbst durch die Taufe).

    Das Gefühl der eigenen Unvollkommenheit ist kein Symptom der Sünde, sondern das Zeichen einer klaren Sicht auf das durch die Erbsünde verzerrte eigene Menschsein und ein Zeichen der Demut gegenüber Gott.

    Ich glaube, Martin hat deshalb so stark das „Nobody’s perfect“ betont, weil bei vielen Leuten heute genau das fehlt: der klare Blick auf sich selbst; das Bewusstsein, unvollkommen zu sein. So ein Bewusstsein wird heute – vermutlich als Reaktion auf frühere falsche populärreligiöse Interpretationen, die die Menschen seelisch unterdrückten – schon als Problem in sich selbst gesehen. Uns wird ja heute immer gesagt: „Du bist nicht schuld!“ – statt: „Ja, Du hast eine Verantwortung dafür, was Du tust!“