Die Titelseite der morgigen Spiegel-Ausgabe lässt nichts Gutes erwarten. Das Hamburger Nachrichtenmagazin kühlt wieder einmal sein religionskritisches, christenfeindliches und von Hass auf alles Katholische erfülltes Mütchen an Papst Benedikt XVI. (Oder? Ich habe die Geschichte noch nicht gelesen.)
Warum dieser Papst solch eine Reizfigur für Meinungsmacher ist, lässt sich mit einem Blick in die heutige Frankfurter Allgemeine Sonntagzeitung gut verstehen:
Was treibt denn den Joseph Ratzinger aus Marktl am Inn nur um, dass er sich mit allen anlegt? Aggressiv von Natur scheint er nicht. Salutschüsse aus Kanonen und Gewehren von Schützenvereinen erschrecken ihn noch immer. Es muss wohl daran liegen, dass Joseph Ratzinger vor allem eines ist: grundzufrieden katholisch. Dies ist im intellektuellen Europa eine relativ seltene, und wenn, dann meist verborgene Geisteshaltung; damit zieht man wie der heilige Sebastian die Pfeile bei jeder Gelegenheit auf sich.
Katholisch – und dann noch zufrieden damit. Welche Provokation. Aber so ist er. […]
Dass Traditionalisten auch krude Ideen vertreten, bis hin zu dramatisch-verwerflichen, dass sie mit rechten Politikern liebäugeln, ist nicht neu. Doch bemerkenswert erscheint, wie aus noch so verdammenswerten Äußerungen des marginalisierten Williamson – der noch nicht einmal als Bischof akzeptiert ist – eine Kampagne gegen den Papst, der Vorwurf des Antisemitismus gegen die römische Kirchenführung wurde. Dramatische Hochspielerei der Medien oder ein kleiner Kulturkampf?
Der Theologe Ratzinger ist von seinen Jugendtaten, von den Konstitutionen, Dekreten und Erklärungen des Zweiten Vaticanum kein wesentliches Jota abgewichen. Er hat immer wieder mit eindrucksvollen Worten und Gesten demonstriert, dass die katholische Kirche gleichgezogen hat mit dem modernen Geistesniveau, im Eingehen auf die neue Zeit, ohne ihr anheimzufallen. Meint der Papst. Mag man über ihn auch schimpfen.
Als PR-Mann bin ich geneigt zu sagen, dass jede Art von Medienpräsenz besser ist als keine Medienpräsenz. No News is Bad News. Und nachdem ich die Geschichte nun gelesen habe, überrrascht mich, wie wenig Substanz sie enthält – neben all jenen bekannten Klischees, Halbwahrheiten, aus dem Zusammenhang gerissenen, unvollständig oder schlicht falsch dargestellten Fakten, die wir aus der Kirchen- und Religionsberichterstattung des Spiegel seit jeher gewohnt sind.
Im Kern bleibt die Frage, die letztlich auch der Spiegel stellt, ob es sich nicht um ein gigantisches PR-Problem und vatikanisches Kommunikationsversagen handelt. Und sicher gibt es da Verbesserungspotential. Der Vatikan, aber auch die deutschen Bischöfe könnten die Kommunikationsklaviatur deutlich virtuoser bedienen als sie es heute tun.
Aber am Ende wird die Kirche gegenüber einer Moderne (oder auch Postmoderne), die in zentralen Punkten diametral dem Christentum widerspricht, immer anstößig bleiben. Denn dieser Widerspruch lässt sich nicht auflösen. Er fordert die Entscheidung des Einzelnen.
Und damit wären wir nun bei der tatsächlichen Bedeutung jenes päpstlichen Aktes angelangt, der diesmal den Anlass zum ohnehin gegebenen Widerspruch gab. Robert Spaemann erläutert in einem Leserbrief, der gestern in der FAZ erschien:
Die Aufhebung bedeutet: Sie dürfen wieder beichten und die Lossprechung von ihren Sünden empfangen. Sie dürfen wieder die Kommunion empfangen. Sie müssen nicht mehr ohne Tröstung durch die Sakramente der Kirche sterben. Das ist auch schon alles. […] Bei der Verleihung von Ämtern und der Gestaltung des kirchlichen Lebens können politische, das heißt Opportunitätserwägungen eine Rolle spielen. Bei der Aufhebung einer Exkommunikation, wo es um das Seelenheil geht, haben sie völlig außer Acht zu bleiben. Die Glaubensgemeinschaft der Kirche ist ein Vaterhaus mit vielen Wohnungen, keine Gesinnungsdiktatur.
So ist es!
Ich könnte es nicht besser formulieren!
Ich frage mich nur, wie Anhänger einer Gemeinschaft, die das 2. Vatikanische Konzil nicht anerkennt, wieder in die Kirche aufgenommen werden konnten.