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Katechismus für Weber?

Rätselhaft ist für den Catholica-Beauftragten der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Friedrich Weber (Wolfenbüttel), wieso zu Beginn des Paulusjahres der Vatikan wieder auf die Möglichkeit verweise, einen „vollkommenen Ablass“ zu gewinnen. Nun, ihm kann geholfen werden.

X Die Ablässe

1471 Die Lehre über die Ablässe und deren Anwendung in der Kirche hängen eng mit den Wirkungen des Bußsakramentes zusammen.

Was ist der Ablaß?

„Der Ablaß ist Erlaß einer zeitlichen Strafe vor Gott für Sünden, die hinsichtlich der Schuld schon getilgt sind. Ihn erlangt der Christgläubige, der recht bereitet ist, unter genau bestimmten Bedingungen durch die Hilfe der Kirche, die als Dienerin der Erlösung den Schatz der Genugtuungen Christi und der Heiligen autoritativ austeilt und zuwendet.“

„Der Ablaß ist Teilablaß oder vollkommener Ablaß, je nachdem er von der zeitlichen Sündenstrafe teilweise oder ganz freimacht.“ Ablässe können den Lebenden und den Verstorbenen zugewendet werden (Paul VI., Ap. Konst. „Indulgentiarum doctrina“ normæ 1-3).

Die Sündenstrafen

1472 Um diese Lehre und Praxis der Kirche zu verstehen, müssen wir wissen, daß die Sünde eine doppelte Folge hat. Die schwere Sünde beraubt uns der Gemeinschaft mit Gott und macht uns dadurch zum ewigen Leben unfähig. Diese Beraubung heißt „die ewige Sündenstrafe“. Andererseits zieht jede Sünde, selbst eine geringfügige, eine schädliche Bindung an die Geschöpfe nach sich, was der Läuterung bedarf, sei es hier auf Erden, sei es nach dem Tod im sogenannten Purgatorium [Läuterungszustand]. Diese Läuterung befreit von dem, was man „zeitliche Sündenstrafe“ nennt. Diese beiden Strafen dürfen nicht als eine Art Rache verstanden werden, die Gott von außen her ausüben würde, sondern als etwas, das sich aus der Natur der Sünde ergibt. Eine Bekehrung, die aus glühender Liebe hervorgeht, kann zur völligen Läuterung des Sünders führen, so daß keine Sündenstrafe mehr zu verbüßen bleibt [Vgl. K. v. Trient: DS 1712-1713; 1820].

1473 Die Sündenvergebung und die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott bringen den Erlaß der ewigen Sündenstrafen mit sich. Zeitliche Sündenstrafen verbleiben jedoch. Der Christ soll sich bemühen, diese zeitlichen Sündenstrafen als eine Gnade anzunehmen, indem er Leiden und Prüfungen jeder Art geduldig erträgt und, wenn die Stunde da ist, den Tod ergeben auf sich nimmt. Auch soll er bestrebt sein, durch Werke der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe sowie durch Gebet und verschiedene Bußübungen den „alten Menschen“ gänzlich abzulegen und den „neuen Menschen“ anzuziehen [Vgl. Eph 4,24].

In der Gemeinschaft der Heiligen

1474 Der Christ, der sich mit der Gnade Gottes von seiner Sünde zu läutern und sich zu heiligen sucht, steht nicht allein. „Das Leben jedes einzelnen Kindes Gottes ist in Christus und durch Christus mit dem Leben aller anderen christlichen Brüder in der übernatürlichen Einheit des mystischen Leibes Christi wie in einer mystischen Person in wunderbarem Band verbunden“ (Paul VI., Ap. Konst. „Indulgentiarum doctrina“ 5).

1475 In der Gemeinschaft der Heiligen „besteht unter den Gläubigen – seien sie bereits in der himmlischen Heimat oder sühnend im Reinigungsort oder noch auf der irdischen Wanderschaft – in der Tat ein dauerhaftes Band der Liebe und ein überreicher Austausch aller Güter“ (ebd.). In diesem wunderbaren Austausch kommt die Heiligkeit des einen den anderen zugute, und zwar mehr, als die Sünde des einen dem anderen schaden kann. So ermöglicht die Inanspruchnahme der Gemeinschaft der Heiligen dem reuigen Sünder, daß er von den Sündenstrafen früher und wirksamer geläutert wird.

1476 Diese geistlichen Güter der Gemeinschaft der Heiligen nennen wir auch den Kirchenschatz. „Er ist nicht so etwas wie eine Summe von Gütern nach Art von materiellen Reichtümern, die im Lauf der Jahrhunderte angesammelt wurden. Vielmehr besteht er in dem unendlichen und unerschöpflichen Wert, den bei Gott die Sühneleistungen und Verdienste Christi, unseres Herrn, haben, die dargebracht wurden, damit die gesamte Menschheit von der Sünde frei werde und zur Gemeinschaft mit dem Vater gelange. Der Kirchenschatz ist Christus, der Erlöser, selbst, insofern in ihm die Genugtuungen und Verdienste seines Erlösungswerkes Bestand und Geltung haben [Vgl. Hebr 7,23-25; 9,11-28.]“ (ebd.).

1477 „Außerdem gehört zu diesem Schatz auch der wahrhaft unermeßliche, unerschöpfliche und stets neue Wert, den vor Gott die Gebete und guten Werke der seligsten Jungfrau Maria und aller Heiligen besitzen. Sie sind den Spuren Christi, des Herrn, mit seiner Gnade gefolgt, haben sich geheiligt und das vom Vater aufgetragene Werk vollendet. So haben sie ihr eigenes Heil gewirkt und dadurch auch zum Heil ihrer Brüder in der Einheit des mystischen Leibes beigetragen“ (ebd.).

Gott erläßt Sündenstrafen durch die Kirche

1478 Der Ablaß wird gewährt durch die Kirche, die kraft der ihr von Jesus Christus gewährten Binde- und Lösegewalt für den betreffenden Christen eintritt und ihm den Schatz der Verdienste Christi und der Heiligen zuwendet, damit er vom Vater der Barmherzigkeit den Erlaß der für seine Sünden geschuldeten zeitlichen Strafen erlangt. Auf diese Weise will die Kirche diesem Christen nicht nur zu Hilfe kommen, sondern ihn auch zu Werken der Frömmigkeit, der Buße und der Nächstenliebe anregen [Vgl. Paul VI., Ap. Konst. „Indulgentiarum doctrina“ 8; K. v. Trient: DS 1835].

1479 Da die verstorbenen Gläubigen, die sich auf dem Läuterungsweg befinden, ebenfalls Glieder dieser Gemeinschaft der Heiligen sind, können wir ihnen unter anderem dadurch zu Hilfe kommen, daß wir für sie Ablässe erlangen. Dadurch werden den Verstorbenen im Purgatorium für ihre Sünden geschuldete zeitliche Strafen erlassen.

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Kommentar

  1. Ich muss gestehen, dass du mich enttäuschst. Wenn du Webers Statement wirklich gelesen hättest, dann wüsstest du, dass er einen Katechismus eben gerade nicht nötig hat. Sein Beitrag ist wirklich weiterführend und Anlass zu interessanter Reflexion. Insbesondere die von Weber zitierten Reflexionen O. H. Peschs sollten dir zu denken geben. Ich selbst stimme pesch übrigens keineswegs zu, aber ich weiß meine Ablehnung immerhin zu begründen (der KKK hilft da überhaupt nicht). Du leider nicht. Schade.

  2. Nee neee neeee, das klingt mir nach einem ganz billigen Trick von diesem Weber. Der wollte für umme an einen Katechismus kommen und deshalb hat er das gesagt … Auf sowas fallen wir nicht rein …
    🙂

  3. Johannes, der Katechismus steht hier pars pro toto für das authentische Lehramt. Weber verzichtet in seinem Beitrag vollständig darauf, die katholische Lehre darzustellen. Stattdessen zitiert er katholische Dissidenten (jedenfalls in diesem Punkt) wie Pesch und Rahner. Sein Beitrag lässt sich auf die Frage reduzieren, warum die katholische Kirche in ihrer Lehre vom Ablass bis heute nicht Luther gefolgt ist. Und die Antwort darauf liegt auf der Hand.

  4. Lieber Freund, in puncto „Ablass“ hat sich seit 1517 nicht nur die katholische Praxis, sondern auch, und zwar fundamental, die katholische Lehre „geändert“, theologisch korrekter: „entwickelt“. Wer das nicht wahrhaben will, sollte zu den Pius-Brüdern wechseln. Weber zitiert mitnichten „Dissidenten“ (vergiss übrigens nicht den furchtbaren Dissidenten Prof. Dr. Joseph Ratzinger) zur Darstellung der katholischen Lehre, dafür nimmt er völlig korrekt den katechismus, den er offenbar wesentlich besser kennt als du (mit deinem Copy & Paste- Verfahren), vielmehr zitiert er eine Frage Peschs, die sich aus der Sache selbst heraus stellt. Nimm dir in Zukunft einfach mal ein gewisses beispiel am Heiligen Vater. Treues Festhalten am katholischen Glauben schließt seriöses Nachdenken mitnichten aus, lieber Freund

  5. Ach nee. Den Katechismus hat er doch offenbar schon. Jedenfalls zitiert er draus. Das Problem bei dieser Sorte Evangelen ist einfach, die sind ja sooooo sensibel. Wenn die Katholiken katholisch werden, da werden sie gaaaanz traurig. Das Papierle ist übrigens super. Rahner kann sich ja nicht mehr wehren. Aber Pesch ist ja wohl der IKVU-Klassiker schlechthin.

  6. Lieber Johannes Ripalda,
    “Vergiss übrigens nicht den furchtbaren Dissidenten Prof. Dr. Joseph Ratzinger” – “Nimm dir in Zukunft einfach mal ein gewisses beispiel am Heiligen Vater”: das klingt ja interessant. Aber für uns Nicht-Theologen: auf welche Aussagen, welche Veröffentlichungen dieser beiden wesensgleichen Personen spielst Du damit an?

  7. Aber Johannes, du weißt von Pesch ja gerade mal, wie man ihn buchstabiert 😉 Mit IKvu hat der nun gar nichts zu tun, da liegen welten dazwischen. Gott sei Dank für Pesch…
    Hör einfach mal auf, immer „in Syndromen zu denken“. Zumindest das sollte man von Chesterton übernehmen!
    Man muss schon sehr kleingläubig sein, um so zu schreiben wie du.

  8. Offensichtlich habe ich einen anderen Weber-Text gelesen als Ihr. Wo genau zitiert er den Katechismus?

  9. Johannes R.,

    in puncto “Ablass” hat sich seit 1517 nicht nur die katholische Praxis, sondern auch, und zwar fundamental, die katholische Lehre “geändert”, theologisch korrekter: “entwickelt”.

    Ist das so? Nun, Tatsache ist die Praxis die Luther 1517 kritisiert hat, haben damals viele kritisiert und sie wurde mit dem Konzil von Trient abgestellt. Da braucht es keinen Dissens zu geben.

    Ob die Lehre von 1517 geändert wurde, da würde ich eine sehr großes Fragezeichen daransetzen und nach Belegen Fragen? Ich wüßte definitiv nicht, wo sich die Lehre nach dem Konzilabschluß von 1563 geändert hätte! Und auf dem Konzil? Hier wurde die Lehre genauer definiert um die Mißstände der Praxis anzugehen. Naja, wenn man das ändern nennen will …

    Nur kann sich Weber ja nicht auf die Praxis von 1517 beziehen weil er sich ja eben zum Jahre 2008 äußert.

    Wer das nicht wahrhaben will, sollte zu den Pius-Brüdern wechseln.

    Tut nur überhaupt nichts zu Sache beitragen, denn auch die Piusbrüder stehen auf der Grundlage von Trient und der Entwicklung bis zum Vaticanum II.

    Weber zitiert mitnichten “Dissidenten” (vergiss übrigens nicht den furchtbaren Dissidenten Prof. Dr. Joseph Ratzinger) zur Darstellung der katholischen Lehre, dafür nimmt er völlig korrekt den katechismus, den er offenbar wesentlich besser kennt als du (mit deinem Copy & Paste- Verfahren),

    Er zitiert sehr wohl Karl Rahner und von Ratzinger ist keine Spur.

    Treues Festhalten am katholischen Glauben schließt seriöses Nachdenken mitnichten aus, lieber Freund

    Natürlich nicht. Nur ist gerade das nicht, was der Beauftragte hier angeht. Skandalöse ist wenn er sagt:

    Ehrlicherweise, so der Catholica-Beauftragte, müsse man darauf verweisen, dass die modernen Ablässe sich nur auf Sündenstrafen beziehen und Vergebung der Sünde durch Reue und den Empfang des Bußsakramentes voraussetzen. Kein Katholik müsse Ablässe gewinnen. Auch seien sie nicht heilsnotwendig. … Der Ablass, das habe man zwischenzeitlich gelernt, sei ein Element katholischer Frömmigkeit. „Dennoch erweckt der Begriff und die mit ihm verbundenen kirchenrechtlichen Aspekte, die nach wie vor in den Lehrbüchern der Dogmatik auftauchen, Assoziationen gerade bei Lutheranern, die einer um Empathie bemühten Ökumene nicht dienlich sind“, Landesbischof Weber wörtlich.

    So, so. Er gibt also zu, das hier nicht Bruder Tetzel am Werk ist, fordert aber dennoch die Katholische Kirche zur Selbstentleibung auf, weil Lutheraner Magenschmerzen kriegen, wenn sie nur das Wort Ablaß hören.

    Das ist ehrlich gesagt viel schlimmer als die Margot K. aus H. Soll er sich im Sinne einer „um Empathie bemühten Ökumene“ darum kümmern, daß sich die Lutheraner bilden, ihre Phobien überwinden. Wenn er das nicht kann oder will, wäre es schon gut, solche antikatholischen Haßwerke wie den Lutherfilm nicht zu unterstützen. Wenn auch das nicht geht, könnte er immer noch schweigen.

    Oder er will es gar nicht?! Dann sollt er aber mit offenem Visier lutherische Mission betreiben und nicht über Ökumene reden. Und sich nicht über Dominus Iesus ereifern.

    Ihm einen Katechismus zu schicken nützt nichts, denn er kennt ihn ja wohl schon. Ein Geschichtsbuch wäre besser, damit er nicht so einen Krampf verzapft wie

    dass die modernen Ablässe sich nur auf Sündenstrafen beziehen und Vergebung der Sünde durch Reue und den Empfang des Bußsakramentes voraussetzen.

    Das ist wohl wahr, nur galt das auch für die „unmodernen“ oder „vormodernen“ Ablässe ganz genauso. Wenn Bruder Tetzel bei seinen Predigten anderes suggeriert hat, ist das sein Fehler, nicht jedoch kirchliche Lehre gewesen.

    Sauer stößt auch der Verweis auf das Paulusjahr auf. Erde an VELKD: Paulus war kein Lutheraner, auch kein Protestant.

    Im übrigen:

    Martin Luthers Kritik am Ablasswesen, die am 31. Oktober 1517 in seinen 95 Thesen zum Ausdruck kam, beschreibe das Zentrum seiner reformatorischen Erkenntnis: In Christus schenke Gott den Menschen Gerechtigkeit umsonst.

    Stimmt bloß nicht. Luthers Thesen waren vielleicht nicht in allem richtig, aber dennoch ein grundkatholischer Denkanstoß. Der Gedanke mit dem „Gott schenkt den Menschen …“ ist ja auch katholisch.

    Der tatsächliche Durchbruch zum Protestantismus geschah in den Jahren 1518 bis 1520 durch ganz andere Gedanken, durch die Vorstellung es sei der reflexive Glauben, das Statuieren des „Christus für mich“, das den Menschen rette. Das hat trotz aller großer Worte eben nichts mit Gottes Ehre zu tun sondern macht das Seelenheil zu einem Fall von Autosuggestion. Näheres siehe Paul Hackers Buch „Das Ich im Glauben bei Martin Luther“, welches übrigens wirklich mit einer Einleitung des damaligen Professor Ratzinger versehen ist.

  10. Mich wundert auch der von Johannes R. gebrachte Aussage:

    Lieber Freund, in puncto “Ablass” hat sich seit 1517 nicht nur die katholische Praxis, sondern auch, und zwar fundamental, die katholische Lehre “geändert”, theologisch korrekter: “entwickelt”.

    Belege würden auch mich interessieren.