Philipp liefert in den Kommentaren eine evangelische Version der Kirchengeschichte:
„Die vom Heiligen Geist gestiftete Kirche entwickelte sich an unterschiedlichen Orten unterschiedlich, versuchte aber in den entscheidenden Glaubensfragen durch gemeinsame Beschlüsse verbunden zu bleiben.
Das Wachstum der Kirche schuf auch Machtstrukturen, die leider im Laufe der Jahrhunderte an Bedeutung gewannen. Bei manchen Konzilsbeschlüssen dient die theologische Frage mehr als Arena für Machtkämpfe; bedeutende Kirchenführer wurden mit ihrer unterlegenen Meinung plötzlich zu machtlosen ‚Ketzern‘.
Die Gemeinde in Rom hatte durch ihre Verbindung mit der weltlichen Macht in Rom eine herausragende Position erlangt, die es (wenn ich mich recht entsinne) 451 erstmalig mit einer ‚theologischen‘ Begründung unterfütterte, um seinen Anspruch durchzusetzen. Erfolglos, aber von diesem Zeitpunkt an existiert die Römische Gemeinde als abgespaltene Institution, die zwar noch an Konzilien teilnimmt, aber daneben ihr nicht allgemein anerkanntes Selbstverständnis pflegt.
Da die Römische Gmeinde ihre Auffassungen im Kielwasser der weltlichen Macht des Römischen Reiches verbreitet, wird sie in weiten Teilen der damaligen Welt zur maßgeblichen christlichen Institution und setzt schließlich die eigene Institution mit der vom Heiligen Geist gestifteten Kirche gleich.
Mit der Zeit flossen immer mehr vom jeweiligen Zeitgeist inspirierte Interpretationen, Volksfrömmigkeiten und als Theologie getarnte Maßnahmen zum Machtausbau in die römische Lehre ein, die mehrmals Versuche einer Kurskorrektur provozierten. In der Reformation entzündete sich an diesen Streitpunkten schließlich die Frage, ob diese Kirche überhaupt die Kirche sei. Wieder waren es Machtinteressen (auf beiden Seiten), die zu einer Spaltung führten. Auf Seiten der aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen wurde in der Folgezeit ein Großteil der damaligen Lehre hinterfragt und in unterschiedlichem Maße verworfen. Dieser Prozeß dauert bis heute an und wird bis zum Jüngsten Tag andauern.
Als Folgeinstitution der Konzilien erscheint der Ökumenische Rat der Kirchen, in dem es den verschiedenen Orthodoxen Kirchen, „Lutheranern“, Reformierten, Baptisten, Charismatikern, Altkatholiken, einigen Anglikanischen Kirchen usw. gelingt, gemeinsame Positionen zu finden. Es fällt auf, daß unter den wenigen Nichtmitgliedern gerade jene Kirchen sind, die in gewaltsame Glaubensauseinandersetzungen verwickelt sind, etwa die die nordirischen Protestanten mit der Römischen Kirche.“
Cool. Sounds strange to me. Gibt es dazu Quellen?
Was mir auf Anhieb auffällt: Es ist im Grunde eine politikwissenschaftliche Betrachtungsweise. Die hat als solche sicher ihre Berechtigung. Aber es kann doch nicht sein, dass die evangelische Kirchengeschichte völlig von theologischen Fragen abstrahiert oder sie nur als Vorwand für weltliche Machtinteressen gelten lässt.
Außerdem vermisse ich den Bezug zum Schisma von 1054 (Rom/Byzanz). Hier ist eine machtpolitische Analyse sehr am Platz, denn in theologischen Fragen sind die Differenzen zwischen orientalischen Kirchen und Rom eher überschaubar. Ganz anders hingegen im Falle der Reformation.
Du kannst es nicht begreiflich machen, weil es logisch nicht konsistent ist. Sad to say. Ohne Logik aber lässt sich nichts begreifen.
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Matthias, glaubst Du daran, dass Jesus uns durch Seine Offenbarung alles vermittelt hat, was wir zum Heil brauchen?
Glaubst Du daran, dass Er uns durch Seine Apostel bestimmte Aufträge gegeben hat, wie wir an ihn glauben, was wir um Seinetwillen tun müssen (etwa: taufen)?
Meinst Du aber, dass die Apostel diesen Auftrag missverstanden, verfälscht oder falsch weitergegeben haben?
Wenn ja, was bedeutet dann der Spruch Jesu: „Ich bleibe bei Euch alle Tage der Welt?“ Bedeutet das: In 1500 Jahren werde ich einigen Leuten die Erleuchtung schenken, dass sie draufkommen, dass das alles falsch war, was ihr gemacht habt – und vorher schaut, wo ihr bleibt“? Oder bedeutet das: „Ich lasse Euch von der wahren Verkündigung nicht abirren – damit die Menschen das Heil nicht verlieren“?
Ja, es geht immer um Christus: darum, was Er uns verkündet und was Er uns für einen Auftrag gegeben hat.
Und ob Er uns zugesichert hat, dass wir (durch Seine auf die Apostel gegründete Kirche) immer wissen würden, was zu unserem Heil notwendig ist – oder ob Er gemeint hat, jeder Einzelne könne für sich selbst entscheiden, ob er an dieses oder jenes glaubt, diesen oder jenen Auftrag durchführt, dieses oder jenes so oder so interpretiert…
Wenn die Apostel meinten, die Taufe sei heilsnotwendig und diene zur Vergebung der Sünden – und Du meinst, das stimmt nicht: wer hat jetzt Recht? Die Apostel, die bei Christus waren und mit ihm lebten, denen Er den Heiligen Geist gegeben hat – oder Du?
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„Ich habe eher den Eindruck, es passt eben in das römisch-katholische Weltbild nicht hinein. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Logik hier über alles andere gestellt wird, und das ist in meinen Augen absurd.“
Es ging um Dein Konzept einer virtuellen Gesamtkirche – und das ist logisch nicht konsistent.
Logik ist schlicht die Basis unseres Denkens und Argumentierens – wer darauf verzichten zu können meint, beraubt sich selbst der Grundlagen seiner Erkenntnis. Und kann dann konsequenterweise behaupten, niemand könne die Wahrheit vom Irrtum unterscheiden. Ja klar: Wer sich selbst blind gemacht hat, der sieht natürlich nichts mehr…
Dein anything goes (solange es nur irgendwie auf Christus hin orientiert ist) führt in die Irre. Man muss sich vielleicht einmal klarmachen, wie die Glaubensbekenntnisse auf den frühen Konzilien beschlossen wurden – unter härtestem Druck der Häresie! Mit allen Mitteln, weltlichen Machtmitteln wie philosophischen Argumenten, wurde damals um die Unterscheidung von Wahrheit und Irrtum gerungen.
Wenn Du sagst, es sei letztlich Zufall (nämlich nicht sicher unterscheidbar), ob sich damals der rechte Glaube oder eine Irrlehre durchgesetzt habe – dann kannst Du einpacken! Dein Christentum ist damit auf den Status einer beliebigen Weltanschauung herabgesunken. Es ist bestenfalls noch Deine persönliche Wahrheit – aber wem willst Du die glaubhaft verkünden?
Wenn Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, dann heißt das nicht, dass er beliebige viele Wahrheiten ist – er ist eine Wahrheit. Wenn kirchliche Gemeinschaften widersprüchliche Aussagen über diese Wahrheit machen, dann kann nur eine davon der Wahrheit entsprechen! (Und ich kann auch nur eine davon glauben, altmodisch wie ich bin.) Andernfalls ließe sich gar nichts erkennen, das Resultat wäre bestenfalls Agnostizismus.
Wenn ich also sage, dass ich an das glaube, was mir überliefert worden ist, dann ist damit zwingend die Aussage verbunden, dass ich alles das nicht glaube, was dieser Überlieferung widerspricht. Es gibt den Irrtum, die Häresie, und auch die lässt sich erkennen, wie sich die Wahrheit erkennen lässt. (Natürlich nicht zur Gänze, das ist klar.)
Welche Kriterien habe ich, um die Glaubwürdigkeit der Botschaft zu erkennen? Ich habe die Schrift (die allein nicht genügt), ich habe die Überlieferung (aus der die Schrift hervorging), ich habe die Theologie (die mit allen Mitteln des Verstandes und der Vernunft an der Erkenntnis der Wahrheit arbeitet), ich habe das Lehramt (das den Auftrag hat, die Wahrheit zu verkündigen) und ich habe die Apostolische Sukzession (die Nachfolge der Apostel, das Weiheamt, die Zusage des Heiligen Geistes).
Auf diese Weise erreicht mich eine Botschaft, die konsistent und kohärent, widerspruchsfrei und glaubwürdig ist. Und deshalb glaube ich sie.
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Bevor ich ausführlich antworte, hätte ich gern eine Antwort auf eine (nicht rhetorische) Frage:
Meinst Du, dass Glaubensaussagen, die einander oder sich selbst widersprechen, der Wahrheit entsprechen können, weil ihr Gegenstand so groß ist?
@Petra:
und werfen der katholischen Kirche auch immer wieder vor, alles so zu rationalisieren und genau erklären zu wollen
Das ist zum Teil, was ich mit „Spitzfindigkeiten“ meine. Man muß ein Geheimnis auch mal als Geheimnis stehen lassen können, ohne es philosophisch fassen zu können. Wir sprechen von göttlichen Wahrheiten, die sich dem Verstand entziehen, da muß dann halt mal ein Gleichnis reichen.
Gut, ich sage ihnen: „Du hast den Auftrag falsch erfüllt, denn für Auftrag X (Eucharistie) brauchen wir das Modul Z (einen geweihten Priester).“
Wenn Du das sagst, erleichtert es die Diskussion. Aber Du tust so, als stünde grobe Mißachtung dahinter, Beliebigkeit. Auf der anderen Seite macht Dir niemand den Vorwurf, Jesu Auftrag zu widersetzen, Sein Blut zu trinken. Wir versetzen uns genug in Deine Begründung, um sie nicht als Widersetzen zu bezeichnen (obwohl wir sie nicht akzeptieren können!).
„Das kann man doch auch ganz anders lesen…“
So wird es Dir auch jeder Theologe inklusive des Herrn Ratzinger bestätigen.
Implizit steht noch dabei: „Hat schon Calvin gemacht, und wir werden das jetzt auch nicht ändern…“
Das ist wieder eine Unterstellung. Evangelische haben üblicherweise wenig Hemmungen, die Ansichten der Reformatoren zu zerpflücken.
Ablehnung einer sichtbaren, auf die Apostel und deren Nachfolger gegründeten Kirche („Leib Christi“ – also die Weiterführung der Inkarnation).
Und da ist sie schon wieder, die unterstellende Petra. Nein, ich lehne nicht ab, daß wir Leib Christi sind, sondern nur daß der Leib Christi eine sichtbare Institution sein soll.
Da diese Entscheidung auf der Vision Petri und die Taufe des Hauptmanns Kornelius und dessen Familie zurückgeht
… brauchte er einfach noch mal eine kleine Gedächtnisstütze durch Paulus? (-;
Angesichts dessen haben die Apostel ziemlich klare Vorstellungen gehabt
Die schon bei der Frage, wer überhaupt Apostel sei, in Uneinigkeit mündeten. Siehe Rechtfertigung von Paulus, warum er Apostel ist.
Aber Dinge wie was Kirche ist oder was die Sakramente sind und wieviele es davon gibt, sind eben keine Spitzfindigkeiten, sondern gehören zu den Grundlagen des Glaubens.
Trotzdem gab es an keiner Stelle die klare Zusammenfassung der Sakramente, sondern über die Jahrhunderte entwickelte sich quasi einen Sakramentenkanon.
@mr94:
Du kannst es nicht begreiflich machen, weil es logisch nicht konsistent ist.
Wo bitte soll die logische Inkonsistenz liegen? Die müßte dann ja auch in „meiner Krichengeschichte“ zu finden sein?! Da habe ich aber noch keine Einwände gehört, da seien innere Widersprüche drin.
@Matthias:
aber Theologie ist nun mal keine Logik.
Ich stimme überein, daß Theologie sich nicht aus der Logik ableiten läßt. Aber sie muß ihr doch standhalten!
Einen Glauben, für den ich die Logik abschalten muß, kann ich nicht glauben!
@mr94:
Wenn Du sagst, es sei letztlich Zufall (nämlich nicht sicher unterscheidbar), ob sich damals der rechte Glaube oder eine Irrlehre durchgesetzt habe – dann kannst Du einpacken!
Ja, dann muß ich nämlich mein Päckchen selbst packen, das ich zu tragen habe.
Dein Christentum ist damit auf den Status einer beliebigen Weltanschauung herabgesunken.
O nein, durchaus nicht beliebig! Im Gegenteil: wenn es auf meinen Glauben, meine Gottesbeziehung ankommt, dann traue ich nicht allein der Schrift, nicht allein der Tradition, nicht allein der Vernunft, nicht allein dem Gottesfunken, den ich in mir spüre. Und schon gar nicht traue ich dem Urteil von Leuten, an deren Früchten ich sie erkennen kann als solche, die mit Intrigen, Genußsucht, Machtstreben, Folter und Kriegstreiberei mit Sicherheit weit weg von der Botschaft des Evangeliums waren.
Ich will Christus, Gottes Wort, als Fundament meines Lebens. Da muß ich alles drauf aufbauen können. Da muß ich auch hinterfragen, was sich wann und warum durchgesetzt hat.
Es ist bestenfalls noch Deine persönliche Wahrheit – aber wem willst Du die glaubhaft verkünden?
Nur die kann ich glaubhaft verkünden! Ich kann nicht glaubhaft verkünden, was eine noch so tolle Kommission erarbeitet hätte. Meine Verkündigung ist mein Leben. Ich komme nicht mit dem Besen, um Leute zu bekehren. Meine Mission besteht darin, daß ich Menschen antworte, die mich fragen, warum ich mir dies oder jenes antue. Und dann kann ich nicht sagen, daß irgendwelche Typen das vor Jahrhunderten bestimmt haben, sondern daß das meine tiefe, innere Überzeugung ist.
Platt: Nein, Nachbar, ich gehe nicht in die Kirche, weil ich sonst „eine schwere Sünde begehe“, sondern weil ich darin Trost, Befreiung und manch anderes finde.
Wenn Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, dann heißt das nicht, dass er beliebige viele Wahrheiten ist – er ist eine Wahrheit.
Eben. Er. Und nicht „Er und die dogmatischen Ergänzungen“.
Meinst Du, dass Glaubensaussagen, die einander oder sich selbst widersprechen, der Wahrheit entsprechen können, weil ihr Gegenstand so groß ist?
Ich für meinen Teil: nein.
Wenn man manche Glaubensaussagen aber als Schatten der unfaßbaren Wahrheit (Höhlengleichnis) begreift, kann es schon passieren, daß unsere Logik sie als widersprüchlich ansehen mag.
Kennst Du das Elephantengleichnis? Das trifft die Sache so gut! Wenn ich mein Stückwerk mit dem Stückwerk des anderen nicht zusammenbringe, kann ich ihm trotzdem nicht absprechen, daß seine Erkenntnis auch Abbild der unfaßbaren Wahrheit ist. Und trotzdem entferne ich mich weiter von der Wahrheit, wenn ich dann versuche, mir aus seinem und meinem etwas eigenes zusammenzubasteln.
Philip, wenn Du also nur dem Wort Gottes vertraust, dann vertraust Du doch wieder nur anderen menschen, die es aufschrieben, und katholischen Bischöfen der Einen Kirche, die entschieden, daß die einen in die Bibel kommen, weil sie dem Apostol. Glauben(!) entsprachen, und die anderen draußen bleieben, weil sie es teilweise oder ganz nicht taten.
Wie Du es drehst und wendest, ohne Glauben an das Wirken des Hl. Geistes in der Tradition gibt es kein Christentum.
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Dass Du Institutionen nicht magst, habe ich jetzt verstanden. Den Grund dafür allerdings nicht…
Ich würde sogar sagen: Ohne Institution kein Christentum!
institutio, onis, f. 1. Einrichtung, Anordnung: rerum. 2. Unterweisung, Unterricht.
(aus dem Kleinen Stowasser)
Philip, wenn Du also nur dem Wort Gottes vertraust
Steht an keiner Stelle. Es steht sogar ausdrücklich wenig oberhalb von Deinem Kommentar: „Im Gegenteil: wenn es auf meinen Glauben, meine Gottesbeziehung ankommt, dann traue ich nicht allein der Schrift, nicht allein der Tradition, nicht allein der Vernunft, nicht allein dem Gottesfunken, den ich in mir spüre.“
Verfalle nicht dem Petra’schen Fehler, anderen immer etwas in den Mund legen zu wollen.
Irgendwo habe ich auch erklärt, inwiefern sich das sola scriptura-Verständnis gewandelt hat. Die Bemerkung wirft uns also nur zurück. Gemäß der „Kirchengeschichte“ im Ursprungsbeitrag hat die Tradition viel Erhellendes und viel Verdunkelndes beigetragen.