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Nach der Wahl ist vor der Wahl

Dass Wahlen in Deutschland in der bürgerlichen Mitte gewonnen werden, ist an sich eine Binsenweisheit. Erinnert sei hier nur an die von Gerhard Schröder erfundene Neue Mitte, mit der er die Bundestagswahl 1998 gewann. 15 Jahre später ist die Mitte fest in der Hand von Angela Merkel, von CDU und CSU. So sehr, dass sich dort nicht einmal die FDP halten konnte.

Aber auch die Grünen haben hart umkämpften Boden in der politischen Mitte an Angela Merkel verloren. Von der SPD ganz zu schweigen, die nur noch ein gutes Viertel der Wähler erreicht. Sie wird zwischen CDU, Grünen und Linken zerrieben. Strategisch sitzt die Sozialdemokratie in der Falle. Auf absehbare Zeit fehlt ihr die Kanzlerperspektive.

Denn woher sollte die Mehrheit für einen SPD-Kanzler kommen? Nach Lage der Dinge müsste die SPD entweder die Linke absorbieren oder der CDU wenigstens acht Prozentpunkte ihrer Stimmen abnehmen. Beides gleichzeitig und jeweils ein bisschen wird kaum möglich sein. Über dieses schon schwer vorstellbare politische Wunder hinaus bräuchte die SPD noch einen Koalitionspartner, und auch der schwächelt gewaltig.

Nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag scheint durchaus möglich, dass es bei der nächsten Wahl die Grünen erwischt. Auch das wäre nicht unverdient. Die Partei ist personell wie programmatisch am Ende. Ihre Kernthemen – siehe Atomausstieg – hat Angela Merkel längst so weit wie möglich übernommen. Was übrig ist, reicht für keine Regierung und womöglich auch nicht mehr für das Parlament.

Die Linke – gemeint ist die Partei – war im Bund noch nie regierungsfähig und wird es wohl auch so schnell nicht werden. Mit Blick auf die absehbare Zukunft gilt dieser Satz auch für die Linke insgesamt. Dass SPD, Grüne und Linke eine hauchdünne Mehrheit der Sitze haben, ist allein der Tatsache zu verdanken, dass zwei bürgerliche Parteien knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind.

Bei der nächsten Wahl, egal ob sie schnell kommt, nach einer halben Legislaturperiode oder erst in vier jahren, wird sich das nicht wiederholen. Wenigstens eine der beiden Parteien wird ins Parlament einziehen, oder Angela Merkel zieht die Restwählerschaft der FDP auf ihre Seite. In jedem Fall wird es rechnerisch nicht wieder für Rot-Rot-Grün reichen. Politisch sowieso nicht. Es gibt keine linke Mehrheit der Stimmen – SPD, Grüne und Linke sind zusammen gerade einmal so stark wie CDU und CSU alleine.

Es gibt aber auch keine linke Mehrheit der Mandate, denn die Grünen sind – oder waren? – eine bürgerlich-liberale Partei. Gegen Angela Merkel kann bis auf Weiteres in Deutschland nicht regiert werden. Wer weiß, ob sie nicht zur nächsten Bundestagswahl wieder antritt? Ein vierter Wahlsieg, wie er zuletzt Helmut Kohl gelang, sollte drin sein.

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