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Warum es 2013 keinen Kanzlerwechsel geben wird (und was Joachim Gauck damit zu tun hat)

Wenn es noch eines Indizes bedurft dafür hätte, dass die Bundestagswahl 2013 praktisch gelaufen ist, dann haben es die Ereignisse rund um die Kandidatur Joachim Gaucks für das Amt des Bundespräsidenten geliefert. Doch der Reihe nach.

Mich beschlich schon 2005, als Angela Merkel Kanzlerin einer Großen Koalition wurde, die Erwartung, sie werde wie Helmut Kohl vier volle Legislaturperioden im Kanzleramt verbringen. Dafür sprach zunächst ihr Lebensalter: Damals war sie gerade einmal 51 Jahre alt. Am Ende ihrer vierten Kanzlerschaft wäre sie demnach 67.

Schwerer aber als das biologische Argument wiegen politische Erwägungen. Denn welche Mehrheiten sollte es auf absehbare Zeit gegen die CDU/CSU geben? Es gibt in Deutschland keine linke Mehrheit. Sie hat es seit Gründung der Bundesrepublik nicht gegeben. Wenn doch einmal die SPD den Kanzler stellte, dann nur mit Hilfe von Anleihen aus dem bürgerlichen Lager.

So war es 1969 die FDP, die Willy Brandt zur Kanzlerschaft verhalf. Helmut Schmidt wurde im bürgerlichen Lager immer sehr geschätzt, und letztlich verlor er die Kanzlerschaft, weil er die Unterstützung aus dem linken Lager einbüßte. Gerhard Schröder konnte 1998 die von ihm erfundene Neue Mitte und damit Stimmen aus dem Reservoir von CDU/CSU und FDP für sich gewinnen.

Welche Szenarien sind nun für die Bundestagswahl 2013 möglich? Die Fortsetzung der gegenwärtigen Koalition erscheint unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen. Die SPD hat offensichtlich keinen schlagkräftigen Kanzlerkandidaten: Steinmeier ist schon 2009 gegen Merkel gescheitert, Gabriel als Kanzler ist kaum vorstellbar, Steinbrück vermutlich in seiner eigenen Partei nicht mehrheitsfähig.

Eine rot-grüne Mehrheit ist ebenso unwahrscheinlich, sofern die Linke erneut in den Bundestag einzieht. In jedem Fall würde sie voraussetzen, dass entweder die Grünen oder die SPD (oder beide) im bürgerlichen Lager wildern, um eine Mehrheit zu erringen. Den Grünen fiele das nicht schwer, da sie durch und durch bürgerlich, konservativ und spießig geworden sind. Doch ob sie mit ihrem gegenwärtigen Führungspersonal in der Lage sind, diese Tatsache in eine erfolgreiche Wahlkampfstrategie umzusetzen?

In jedem Fall sind die Grünen eine Machtoption für Angela Merkel, und wenn nicht schon 2013, dann spätestens 2017. Da eine Dreiparteienkoalition im Bundestag praktisch ausgeschlossen ist, bleibt die Große Koalition mit Angela Merkel als Kanzlerin und womöglich erneut Frank-Walter Steinmeier als Vizekanzler. Er ist zwei Jahre jünger als Merkel und noch lange nicht am Ende seiner politischen Karriere.

Unter Umständen wird 2013 sogar ein Sechsparteienparlament gewählt, wenn FDP, Linke und Piraten in den Bundestag einziehen würden. In diesem Fall ist die Große Koalition äußerst wahrscheinlich und eine rot-grüne Mehrheit praktisch ausgeschlossen. Angela Merkel könnte mit SPD und Grünen Sondierungsgespräche führen, um sich den passenden Koalitionspartner auszusuchen.

Die Personalie Joachim Gauck hat gezeigt, dass der CDU/CSU drei mögliche Koalitionspartner zur Verfügung stehen: SPD, Grüne und FDP. In einer solch komfortablen Situation sollte sich doch eine dritte Regierung Merkel bilden lassen. Eine Mehrheit gegen die Kanzlerin ist hingegen nicht in Sicht.

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Kommentar

  1. Es gibt in Deutschland keine linke Mehrheit.

    Das mag für die Bürger gelten, aber ganz sicher nicht für den Bundestag. Dort regiert unsere gelernte FDJ-Sekretärin mit der satten Mehrheit ihrer auf Links getrimmten ?DU und einer kaum noch wahrnehmbaren FDP. Von Fall zu Fall (Atomausstieg, EFSF), wenn es originär linke Positionen durchzusetzen gilt, kann sie zudem noch auf die Unterstützung der anderen linken Parteien zählen.

  2. Sie vergessen die „Volksfront“-Option: rot-röter-grün.

    Stellen wir uns vor, es gibt keine Mehrheit für schwarz-gelb, vielleicht kommt die FDP gar nicht erst in den Bundestag. Für die SPD wäre es allemal attraktiver, mit den Linken und den Grünen zu koalieren als den Juniorpartner der Union abzugeben. Die Grünen müssten abwägen, ob sie mit der CDU oder mit rot-röter besser fahren… und trotz Energiewende haben sie mit SPD und Linken wohl noch mehr Berührungspunkte.

    Dass SPD und/oder Grüne 2013 noch Berührungsängste mit der Linken im Bund haben, erwarte ich nicht. Auch wenn es mich sehr freuen würde.

  3. Die Linke ist nicht politikfähig, von regierungsfähig ganz zu schweigen. Darauf werden sich weder SPD noch Grüne einlassen.

    Arminius, das ist eine andere Diskussion, aber in der Tat ein ernstes Problem. Bis jetzt ist allerdings keine Partei in Sicht, die dem abhelfen könnte.

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  • Aus der Abteilung: Habe ich das nicht gesagt? (1) by Commentarium Catholicum 25. Februar 2012

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