in Catholica, Papa

Die Abschaffung der Toleranz im Namen der Toleranz

Dass im Namen der Toleranz die Toleranz abgeschafft wird, ist eine wirkliche Bedrohung, vor der wir stehen. Die Gefahr ist, dass die Vernunft – die sogenannte westliche Vernunft – behauptet, sie habe nun wirklich das Richtige erkannt, und damit einen Totalitätsanspruch erhebt, der freiheitsfeindlich ist. Ich glaube, diese Gefahr müssen wir sehr nachdrücklich darstellen.
Papst Benedikt XVI., Licht der Welt

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Kommentar

  1. Hm. Ich weiß, du zitierst hier nur, aber kennst du eine Quelle dafür, irgendjemand würde behaupten, die westliche Vernunft hätte das endgültig Richtige erkannt und wäre deshalb mit Totalitätsanspruch ausgestattet?

  2. Hier zunächst mal der Kontext, inklusive der Frage von Peter Seewald:

    In der relativistisch gewordenen Welt hat ein neues Heidentum mehr und mehr die Herrschaft über das Denken und Handeln des Menschen übernommen. Längst wurde dabei deutlich, dass neben der Kirche nicht nur ein freier Raum, ein Vakuum, ist, sondern sich so etwas wie eine Antikirche etabliert hat. Der Papst in Rom sei allein schon deshalb zu verurteilen, schrieb eine deutsche Zeitung, weil er mit seinen Positionen „gegen die Religion verstoßen hat“, die heute „in diesem Land gilt“, nämlich die „Zivilreligion“. Ist da ein neuer Kulturkampf entstanden, wie Marcello Pera analysierte? Der frühere italienische Senatspräsident spricht von einem „groß angelegten Kampf des Laizismus gegen das Christentum“.

    Es breitet sich eine neue Intoleranz aus, das ist ganz offenkundig. Es gibt eingespielte Maßstäbe des Denkens, die allen auferlegt werden sollen. Diese werden dann in der sogenannten negativen Toleranz verkündet. Also etwa, wenn man sagt, der negativen Toleranz wegen darf es kein Kreuz in öffentlichen Gebäuden geben. Im Grunde erleben wir damit die Aufhebung der Toleranz, denn das heißt ja, dass die Religion, dass der christliche Glaube sich nicht mehr sichtbar ausdrücken darf.
    Wenn man beispielsweise im Namen der Nichtdiskriminierung die katholische Kirche zwingen will, ihre Position zur Homosexualität oder zur Frauenordination zu ändern, dann heißt das, dass sie nicht mehr ihre eigene Identität leben darf, und dass man stattdessen eine abstrakte Negativreligion zu einem tyrannischen Maßstab macht, dem jeder folgen muss. Das ist dann anscheinend die Freiheit – allein schon deshalb, weil es die Befreiung vom Bisherigen ist.
    In Wirklichkeit jedoch führt diese Entwicklung mehr und mehr zu einem intoleranten Anspruch einer neuen Religion, die vorgibt, allgemein gültig zu sein, weil sie vernünftig ist, ja, weil sie die Vernunft an sich ist, die alles weiß und deshalb auch den Raum vorgibt, der nun für alle maßgeblich werden soll.
    Dass im Namen der Toleranz die Toleranz abgeschafft wird, ist eine wirkliche Bedrohung, vor der wir stehen. Die Gefahr ist, dass die Vernunft – die sogenannte westliche Vernunft – behauptet, sie habe nun wirklich das Richtige erkannt, und damit einen Totalitätsanspruch erhebt, der freiheitsfeindlich ist. Ich glaube, diese Gefahr müssen wir sehr nachdrücklich darstellen. Niemand wird gezwungen, Christ zu sein. Aber niemand darf gezwungen werden, die „neue Religion“ als die allein bestimmende und die ganze Menschheit verpflichtende leben zu müssen.

    Papst Benedikt spricht hier von einer Gefahr, dass sich die westliche Vernunft selbst zu einer neuen Religion erhebt, und zwar einer intoleranten.

  3. @mr94: Habe ich verstanden. Finde ich abwegig.
    Kreuze dürfen in staatlichen Gebäuden nicht hängen, und zwar aus den gleichen Gründen, aus denen dort keine islamischen Halbmonde, Pentagramme, Atheisten-As oder SPD-Plakate hingehören: Weil der Staat insbesonderen in seinen Schulen verpflichtet ist, nicht Partei für eine bestimmte Weltanschauung zu ergreifen.
    Und wer will die katholische Kirche zu irgendetwas zwingen? Wenn ich sage, dass ich die Deklaration von Homosexualität als Sünde für menschenfeindlich, unethisch und borniert empfinde, über ich dann Zwang aus, bin ich ein Tyrann? Oder mache ich nur genauso von meiner Meinungsfreiheit Gebrauch wie die Kirche, der ich widerspreche?
    Ich habe das Gefühl, dass die Kirchen sich einfach schwer damit tun, ihre Sonderposition langsam zu verlieren. Weil sie nicht mehr unwidersprochen ihre Lehre verkünden dürfen, weil tatsächlich Menschen ihren bronzezeitlichen Mythen öffentlich und nachdrücklich widersprechen, fühlen sie sich verfolgt.
    Noch einmal: Wo ist der Zwang?
    Und wo ich gerade dabei bin: Erhebt die Lehre der Kirche keinen Totalitätsanspruch? Und was lehrt die Kirche noch mal, was mit Leuten passiert, die Jesus nicht als ihren Erlöser anerkennen?

  4. Habe ich verstanden. Finde ich abwegig.

    Das ist eine contradictio in adjecto.

  5. @mr94: Nein, wieso?
    Wenn jemand mir sagt, dass er der festen Überzeugung ist, er sei Napoleon, dann verstehe ich seine Behauptung, finde sie aber trotzdem abwegig.
    Wo ist der Widerspruch?

  6. Wenn Du verstanden hättest, was Papst Benedikt sagt, würdest Du es nicht abwegig finden.

  7. @mr94: Ach so. Na gut, das wusste ich natürlich nicht. Entschuldigung.
    Muss irgendwie schön sein, mit so einer Weltsicht. Ein bisschen eng vielleicht, aber sicher sehr bequem.