in Catholica

Gregorianik als Schlüssel zur Erneuerung der Liturgie

Vermutlich ist es einer Überdosis Gregorianischen Chorals in den letzten Tagen zuzuschreiben, dass ich ihn jetzt für den Schlüssel zur Erneuerung der Liturgie halte. Die Gründe:

  1. Der Gregorianische Choral ist hip, auch und gerade außerhalb des katholischen Kernpublikums. Mönche stürmen die Charts, und kirchenferne Menschen schätzen ihren Gesang. Die Gregorianik hat also eine Strahlkraft, die weit über den inzwischen doch einigermaßen überschaubaren Kreis regelmäßiger Messbesucher hinausreicht.
  2. Der Gregorianische Choral ist lateinisch, und das ist auch gut so. Er sperrt sich allen Versuchen, ihn einzudeutschen oder in andere Umgangssprachen zu übersetzen. Selbst die hartnäckigsten Verfechter der landessprachlichen Liturgie und Gegner des Kirchenlateins kommen nicht umhin, die Gregorianik auf Latein zu singen.
  3. Sollte es gelingen, den Gregorianischen Choral wieder stärker in der Liturgie zur Geltung zu bringen, dann stellen sich quasi von selbst die richtigen Fragen. Zum Beispiel die, warum Proprium und Ordinarium eigentlich auf Latein gesungen werden, während der Rest in der Landessprache vorgetragen wird. Wer sich dieser Frage nicht sperrt, wird früher oder später dem Latein mehr Raum in der Liturgie geben.
  4. Der Gregorianische Choral fördert die außerordentliche Form des römischen Ritus. Denn da gehört er hin. Seine Texte sind die Texte des Missale Romanum von 1570 bis 1962. Sie bilden mit den übrigen Teilen eine organische Einheit.

Mehr Gregorianik in der Liturgie wird also früher oder später auch zu mehr Latein und zur häufigeren Zelebration des usus antiquior führen. Mal ganz abgesehen vom zeitlosen ästhetischen Wert, was sich vom Neuen Geistlichen Lied oder auch vielen Gotteslobliedern nicht so leicht sagen lässt.

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Kommentar

  1. „Die Leute wollen aber lieber Lieder singen!“ das höre ich zumindest immer, wenn ich Antwortpsalm oder auch deutsche Ordninarien singe.

  2. Die Gregorianik kann der Schlüssel zur „Erneuerung der Liturgie“ sein, wenn man sie läßt. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, daß das Proprium aus „pastoralen“ Gründen ausbleiben muß. Schweigen, Ruhe und Versammlung erscheinen vielen als Zumutung, weil sie nicht wissen, was sie mit der vielen Zeit anfangen sollen, die sie da – zumindest während des Propriums – rumsitzen (statt zu stehen). Für alle, die nicht gleichzeitig beten und singen können, – soweit meine bescheidene Meinung – steht es in der Messe gut an zu beten und nicht zu singen. Laßt sie beten, hören, sehen: Sie haben größeren Gewinn daran. Daß die Vereinigung der Gläubigen und des Priesters im Gebet nicht darin besteht, den gleichen Text zu sagen oder mitzulesen, könnte ein ebenfalls anspruchsvoller Hinweis sein. Das die eigentliche Sprache des Gebets die Sprache des Herzens ist, … aber was soll´s, ich mach mal lieber einen Punkt hier, bevor ich gar nicht mehr aufhören kann zu schwadronieren.

  3. Vielleicht wird sich mit einigem Abstand jenseits der aktuellen und durchaus verständlichen Faszination zeigen, ob die Gregorianik tatsächlich der Schlüssel zur Erneuerung der Liturgie ist. Für mich besteht eine gelungene Erneuerung vermutlich darin, Altes und Neues zu verbinden und inhaltlich so zu füllen, dass Geist, Herz und Verstand angesprochen wird. Da können dann sorgsam ausgewählte neuere Lieder genauso ihren Platz haben wie Taizé-Gesänge oder gregorianische Choräle. Für mich ist die Liturgie aber auch unverzichtbarer Teil kirchlicher Tradition und trägt wesentlich zur Festlichkeit eines jeden Gottesdienstes bei.

  4. ich falle was Gregorianik geht sicher unter die Kategorie „addicted“…und gerade deshalb stelle ich schon seit Jahrzehnten mit Erstaunen fest, dass trotz des ausdrücklichen Wunsches aller Päpste ( expressis verbis wenigstens seit Pius X) und der Konstitution SC des Vat.II der gregorian. choral im Gottesdienst eine absolute Ausnahme geblieben ist- auch in den Gottesdiensten der Petrus- und der Piusbrüder….zudem muss ich feststellen, dass ich auch in meinem rechtgläubigen freundes- und Bekanntenkreis recht wenige Freunde des Chorals finde; fazit: wäre schön, wenn du mit deiner These recht hättest!

  5. @Georg:
    Nun, das liegt v.a. auch daran, daß Gregorianik, wenn unroutiniert gesungen, dem Hörer (wie auch dem Sänger!) leicht „die Schuh‘ ausziehen“ kann. Und es müssen auch genug sein, die daran mittun — so ein Dutzend Zisterziensermönche, die das tagtäglich tun, sind schon völlig ausreichend. Nur hat das halt nicht jede Pfarrkirche zur täglichen Verfügung …

    Solange die Choralpuristen außerdem darauf bestehen, daß die alte vatikanische Choralnotation un-be-dingt !!!! beibehalten werden muß, und — natürlich — ein Proprium deshalb so heißt, weil es jeden Sonntag ein anderes ist, kann man darum beten, daß pro Pfarre ein Dutzend arbeitsmäßig seeehr unausgelasteter, dafür umso sanges-(& proben-)freudigerer Gemeindemitglieder vom Himmel regnen … oder (was ich alter Skeptiker wahrscheinlicher finde) es wird halt nix draus.

    Da ich vor Jahren von einem ebenso sanges- wie probenfreudigen FSSP-Pater zum Mitsingen zwar auf freundliche Weise, aber eben doch irgendwie „vergewaltigt“ wurde, weiß ich wovon ich spreche! Und ich bin dank Musikstudium und leidlich anhörbarem Baß sicherlich mit den besseren Voraussetzungen angetreten, als Otto Normalverbraucher.

    Dennoch: an die kläglichen Laute von der Empore, die wir zur Untermalung der Gründonnerstagsliturgie hinab in den Kirchenraum sandten, denke ich nach Jahren noch immer mit Schaudern zurück!

    Gregorianik als Musik für die „normale“ Pfarrmesse: vergessen wir’s besser! Wer es probiert, wird nur seine (und der Mitmenschen) Magengeschwüre züchten …

  6. Tip für Liebhaber von Choralgesang jenseits „modernen geistlichen Liedes“: Institut St. Philip Neri in Berlin… wunderbare Liturgie, wunderbarer Gesang!

  7. Tja, der gute alte Choral.
    Ich singe nun seit gut 15 Jahren Choral, in einer schlagfertigen kleinen Schola, die zwar blüht, sich unerhört verjüngt, zu den unmöglichsten Gottesdienstzeiten die Kirche besser füllt, als das die ortsansässigen Guitarrenkreise jemals zustande brächten. Auch die Gottesdienstgemeinde wist bei solchen Messen durchschnittlich jünger. Aber von den Pfarrern wird das nicht sonderlich freundlich behandelt und dann in der Regel besonders schlammpert zelebriert.
    Die Leute wollen doch gerne Lieder singen, die Unfähigkeit mit Stille umzugehen,… das kenne ich alles nur zu gut und ist manchmal erschreckend blöd und demütigend und leider kirchlicher Alltag.
    Ich merke da wenig von einer Verbesserung der liturgischen Zustände in der Gemeinde durch den Choral. Bei uns geht es mehr um das Durchhalten!
    Dagegen jedoch ist festzuhalten: während Chöre und NGL-Kombos nun gemeinsam alt werden, verjüngen sich die Scholen in unseren Breiten zusehends. Mancher hatte mit Messe und son Krempel gar nix am Hut und entwickelt sich mittlerweile zu einer liturgischen Kompetenz mit geistlicher Tiefe. Damit ist das Konfliktpotential vorgezeichnet.
    Gregorianik liegt zwar irgendwie im Trend, aber nicht unbedingt bei denen, die in der Gemeinde das Ohr des Pfarrers haben oder sonst wie das große Rad zu drehen meinen.
    Hier muß man ziemlich findig sein, um Leute zu entdecken. Bei uns klappts ganz gut denn50 % sind weit unter 30!!
    Was die diversen Fssp Fsspx und so angeht:
    Dort bin ich mit großen Zeitabständen mal zu Besuch gewesen und war zutiefst enttäuscht über die doch merkwürdig in den 50er Jahren hängen gebliebenen Mixmessen mit hier mal nem Liedchen und da mal nem Chorälchen. Furchtbar!

    Übrigens braucht es keine 12 Zisterzienser (die mit ihrem Stummelchoral!) für eine würdig und gut gesungene Messe. Es reichen schon drei oder vier erfahrene Sänger und in einer Kirche schwebt Musik wie Weihrauch…

  8. Übrigens braucht es keine 12 Zisterzienser (die mit ihrem Stummelchoral!) für eine würdig und gut gesungene Messe. Es reichen schon drei oder vier erfahrene Sänger und in einer Kirche schwebt Musik wie Weihrauch…

    Schön für Sie, wenn Sie derart begnadete und routinierte Choralsänger kennen. Nur: wo finden? Wenn sie nämlich nicht ganz so routiniert sind, wird’s meist grausam …