Es gibt zwei Gründe, die Parteien wählbar oder unwählbar machen: das Programm und das politische Personal. Als ehemaliger, langjähriger Stammwähler der Grünen ist für mich heute Volker Beck einer der Gründe, die diese Partei für mich unwählbar machen. Nicht weil er homosexuell wäre, sondern weil er ein Demagoge ist.
Gestern und heute hatte ich Gelegenheit zu einem Dialog mit ihm per Twitter. Dort schrieb er gestern:
Der Papst ist ein Heuchler: Respekt sieht anders aus /Ablehnung eines französichen Botschafter wegen dessen Homosexualität
Not sure if I like to listen to your dumb propaganda. Considering to unfollow you.
Ein paar Stunden später hatte Volker Beck eine Pressemitteilung im Netz:
03.10.2008
Der Papst ist ein Heuchler: Respekt sieht anders ausFranzösische Medien haben berichtet, dass der Vatikan den Botschafter Jean-Loup Kuhn-Delforge als Vertreter der Französischen Republik gegenüber dem Vatikanstaat wegen seiner Homosexualität abgelehnt hat. Auch ein geschiedener Botschafter wurde von Rom abgelehnt (http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,581713,00.html).
Dazu erklärt Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer:
Der Papst ist ein Heuchler: Respekt sieht anders aus.
Der Papst hält sich meines Erachtens nicht an den eigenen Katechismus. Dort heißt es unmissverständlich:
“Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt; für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen.“Was von den Gläubigen verlangt wird, sollte zu allererst das Oberhaupt der katholischen Kirche beherzigen. So entwertet der Papst selbst diese Sätze im Katechismus: Dass dort von Achtung, Mitleid und Takt gesprochen wird, ist angesichts dieses Vorfalls nur noch Heuchelei.
Die Nichtakzeptanz eines homosexuellen Botschafters ist ein Dokument der Herabwürdigung, das Gegenteil von Achtung und Respekt. Die katholische Kirche beleidigt mit der Zurückweisung von geschiedenen und homosexuellen Botschaftern so alle Geschiedenen und Homosexuellen. Dass man unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Lebensführung und sexuellen Identität einen Botschafter eines anderen Staates zurückweist, ist ein Übergriff der Religion auch in die staatliche Sphäre.
Beck argumentiert mit dem Katechismus, braucht also keinen mehr.
Einen Tag später ist seine Antwort da:
Das steht jedem frei, wem er hier folgen will. Was hier „dumb propaganda“ ist erschließt sich mir nicht.
Dem Manne kann geholfen werden.
You insult dissenters as hypocrites („Heuchler“), but don’t bother to provide a link. That’s what I call dumb propaganda.
Und weiter:
Beck: Der off. Widerspruch zwischen „Achtung“ im Katechismus und Ablehnung eines Botschafters oder Kündigungen bei Caritas verdient dies.
me: Can’t see a contradiction. Diplomats must be trusted by both parties. Trust can’t be enforced. That’s why diplomats have to be approved. What would you do if your employee left the green party and switched to the CSU? Fire him?
Beck: Sexual identity is not a choice. So your example doesn’t match. And a french ambassador is not the employee of the pope.
me: Don’t be confused, please. My example was referring to your argument about Caritas, not the french ambassador. It’s not a question of sexual identity, but of trust. The pope can’t be forced to trust a gay activist as ambassador. And if you think that insulting dissenters can be justified, think again. The catechism may be a help.
Beck: This is the same argument: Saudi Government can’t be forced to trust a woman or a christian as ambassador.
me: No government can be forced to trust a particular person as ambassador.
Beck: The insult is not in my word it is in the behavior of Pope Benedict.
me: You insulted the pope as hypocrite, not the other way around. Let’s simply stay with the facts.
Beck: This hypocrite insulted all homosexuals by acting like he did. the catechism speaks about respect, the pope just doesn’t care. Nobody wanted to force the pope to do anything. But he has to be judged by his actions.
me: No, that’s simply not true. In this case it’s pretty clear that you are the offender who insults dissenters, not the pope.
Der Dialog zeigt aufs Schönste den demagogischen Diskussionsstil des Politikers. Beck fordert allen Ernstes, einen Aktivisten der Homosexuellenbewegung zum Botschafter Frankreichs beim Heiligen Stuhl zu machen. Es soll also ein Propagandist der Sünde die diplomatischen Beziehungen eines ehemals katholischen Kernlandes Europas zum Vatikanstaat pflegen. Geht’s noch? Was hat das mit Respekt zu tun?
Und dann dreht er schlicht das Argument um. Er beleidigt den Papst, und hält man ihm dies vor, so behauptet er schlicht, der Papst habe ihn und seinesgleichen beleidigt. Nein, selbstverständlich wolle er den Papst zu nichts zwingen, aber wenn er nicht tut, was Beck will, so ist Beck beleidigt.
Dieser Diskussionsstil ist schlicht zum Kotzen. Ich mag das Schlagwort Politikverdrossenheit nicht, aber nach diesem Dialog ist mir klar, woher sie kommt. Es sind Leute wie Beck, die den Wähler verdrießen.
Beck ist mit seinen Argumenten heute Mainstream, was die veröffentlichte Meinung betrifft. Der Papst spricht zwar für eine große Gruppe, vertritt aber gegenüber jener veröffentlichten Meinung eine Minderheitsposition. So haben sich die Verhältnisse längst umgekehrt. Beck ist zwar der Sprecher einer Minderheit, vertritt aber eine Mehrheitsposition. Und attackiert Andersdenkende skrupellos.
Wer ist hier eigentlich der Heuchler?
Ich denke nicht, dass Beck in irgendeiner Weise „Mehrheitsmeinung“ ist. Lassen wir uns nicht zu dem heute verbreiteten unerträglichen Viktimismus verführen!
Vor allem aber: Versuchen wir – psychologisch, nicht moralisch! – das Fehlverhalten Becks auch etwas zu verstehen. Sein Grund liegt gerade darin, dass homosexuelle Neigungen eben alles andere als eine „Schöpfungsvariante“ sind, sondern (ganz allgemein gesprochen) eine Frucht tiefsitzender seelischen Verletzungen (deren genauere Analyse und Bestimmung wir den Psychologen überlassen können, den ideologisch unvoreingenommenen natürlich).
Der Aufsatz von Tony Anatrella zu Homosexualität und dem Vorwurf der „Homophobie“ im „Lexikon Familie“ des Päpstlichen Familienrates (Paderborn 2007) ist da überaus erhellend.
Was die veröffentlichte Meinung betrifft, schwimmt Beck heute mitten im Mainstream. Die Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung ist (vermutlich) eine andere, aber das wollen Leute wie er entweder nicht wahrhaben oder auf das Schärfste bekämpfen.
Wir leben in einem Land, dass die (Schein-)Ehe für Homosexuelle eingeführt hat. Und in einer Europäischen Gemeinschaft, die unter dem Deckmantel der Antidiskriminierung jede noch so absurde Gleichbehandlung des Ungleichen durchzusetzen willens und in der Lage ist.
Der Papst ist in dieser Gemengelage als Stimme der Vernunft zugleich Sprecher einer sehr großen Bevölkerungsgruppe und in der veröffentlichten Meinung nahezu marginalisiert. Erstaunlich, aber so scheint es zu sein.
Was seid ihr denn für Fundis… Der Volker Beck hat klar und richtig argumentiert und der Einzige, der hier einen demagogischen Stil drauf hat ist sein Gegenredner bzw. der Papst selbst.
Wieso soll Homosexualität eine Sünde sein? Schon mal Gott nach seinem Standpunkt gefragt? Wieso soll man sich den wissenschaftlichen Fakten verschließen? Wieso soll man nicht mal über seinen Schatten springen und mit Richtigkeit feststellen, dass es keiner Mutter-Vater-Kind Familie bedarf um eine funktionierende Gesellschaft zu haben? Fehlt es nicht der Religionen gerade da, was Volker Beck folgerichtig festgestellt hat: Toleranz!
Selbst wenn es keine Familie mehr geben würde, würde die Gesellschaft nichts verlieren. Es gibt viele Möglichkeiten, die den Fortbestand der Menschen garantieren, selbst wenn alle Menschen homosexuell wären, was so und so sehr unwahrscheinlich ist.
Homosexuell wird man geboren und man kann niemanden dazu bringen homosexuell zu werden… Entweder man empfindet so oder man empfindet so nicht. Das ist die unbestreitbare unideologische und undogmatische Faktenlage.
Ich kann die rationale und wissenschaftliche Argumentation von Volker Beck vollkommen teilen und es ist definitiv nicht demagogisch. Er vertritt in jeder Hinsicht den richtigen Standpunkt.
Volker Beck argumentiert weder rational noch wissenschaftlich, sondern er wirft seine billige Empörungsmaschinerie an, sobald er damit auf ein wenig Presse hoffen darf. Der Papst hat sich in dieser Sache – es ging, daran darf ich erinnern, an die Ernennung des französischen Botschafters beim Heiligen Stuhl – überhaupt nicht geäußert, also auch nicht demagogisch.
Demagogie ist ideologische Hetze, und genau die betreibt Volker Beck, wenn er den Papst angreift, weil der Vatikan einen Aktivisten der Homosexuellenbewegung nicht als Botschafter akzeptieren kann. Würde Volker Beck etwa Rocco Buttiglione als EU-Kommissar akzeptieren? Sicher nicht.
Der Unterschied ist nur, dass Buttiglione im Recht ist und Beck im Unrecht, denn der Standpunkt Gottes ist sonnenklar und in jeder Bibel nachzulesen. Selbstverständlich bedarf die Gesellschaft der Familie, und das Grundgesetz ist an dieser Stelle noch einigermaßen deutlich: Ehe und Familie stehen unter seinem Schutz.
Die Debatte über Homosexualität an sich lohnt sich an dieser Stelle nicht zu führen, und darum ging es ja auch gar nicht. Die Nichtakzeptanz eines homosexuellen Botschafters ist kein Dokument der Herabwürdigung und auch nicht das Gegenteil von Achtung und Respekt, sondern schlicht die Nichtakzeptanz einer konkreten Person als Botschafter, weil der Vatikan ihr nicht das nötige Vertrauen entgegenbringt.
Es kommt im diplomatischen Umgang immer mal wieder vor, dass Botschafter nicht akzeptiert werden. Sie sollen schließlich das Vertrauen beider Seiten genießen, sonst können sie ihre Aufgabe nicht erfüllen. Ich halte die Idee für äußerst absurd, ein Aktivist der Homosexuellenbewegung könne das Vertrauen des Heiligen Stuhls genießen.