in Ratio

Diktatur des Relativismus

Daniel Deckers im morgigen Leitartikel der FAZ:

Für die Selbstbeschränkung der Vernunft fand der Papst in den vergangenen Tagen viele einprägsame Ausdrücke. Er sprach von „Schwerhörigkeit gegenüber Gott“ und der „Verkürzung des Radius der Vernunft“ und verdeutlichte so in mal einfacher, mal hoher Sprache, was er in den zurückliegenden Jahren immer mit dem Wort von der „Diktatur des Relativismus“ bezeichnet hatte.

Immer? Ich kannte das Wort bislang nur aus seiner Homilie in der Missa pro eligendo Romano Pontifice.

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Kommentar

  1. Er sprach von “Schwerhörigkeit gegenüber Gott” und der “Verkürzung des Radius der Vernunft” und verdeutlichte so […] was er in den zurückliegenden Jahren immer mit dem Wort von der “Diktatur des Relativismus” bezeichnet hatte.

    Sicherlich ist eine übertrieben rationalistische Auffassung der Welt, die nicht, was nicht zählbar, meßbar, wägbar ist, als real anerkennt, ein Problem unserer Zeit. Und ein Relativismus (besonders wenn mit Anfällen von Gutmenschtum und rabiater political correctness gepaart) ist ein Übel, das heute überhandzunehmen droht — keine Frage! Dennoch: bei „Diktatur des Relativismus“ wird mir etwas unbehaglich.

    Auch ein mir allgegenwärtiger Relativismus kann mir meine persönlichen Ansichten ja nicht verbieten oder sonstwie beeinträchtigen, solange ich nicht meinerseits missionierend durch die Lande ziehe, sondern bloß sage: „Tu, wie du für richtig hältst — aber wenn’s falsch ist, beschwer dich auch nicht bei mir!“ Da ist für mich ein Mullah, der ja gaaaaaaanz genau weiß, wie der Hase läuft, schon ein größeres Ärgernis. Den hat der Papst zwar nicht gemeint, aber den sollte auch er bedenken: jedes Wort, das er in Richtung „kein Relativismus“ äußert ist zugleich eines, das die Moslem-Führer für sich ausnützen und gegen unsere liberale Menschenrechtsordnung verwenden („Sogar der Papst sagt doch auch, daß …“). Wohin das führen kann, sollte eigentlich bekannt sein. Und, ehrlich gesagt: da ist mir noch Relativismus lieber, als in einer Glaubensdiktatur zu leben, ob ich dann will, oder nicht …

  2. Pardon, es sollte natürlich heißen: „als real anerkennt, ein Problem unserer Zeit. Sorry!

  3. „Auch ein mir allgegenwärtiger Relativismus kann mir meine persönlichen Ansichten ja nicht verbieten oder sonstwie beeinträchtigen“

    Mein lieber Denker, was nicht ist kann noch werden.

    Zuerst kommt das Denken und erst dann wird es durchgesetzt.

  4. Mein lieber Denker, was nicht ist kann noch werden.

    Zuerst kommt das Denken und erst dann wird es durchgesetzt.

    Naja, nicht so leicht. Sicherlich ist „anything goes“ für jemanden, für den eben nicht „anything goes“, manchmal schwer zu ertragen. Ich kenne das Gefühl nur zu gut, alter Konservativer, der ich bin (zur Info: konservativ fängt bei mir nicht bei Edmund Stoiber, sondern eher bei Joseph de Maistre oder Ernst Jünger an …)

    Nur: „anything goes“ heißt eben auch, daß ich meinen Weg gehe. Da ich kein besonders missionarischer Mensch bin, macht es mir wenig aus, wenn andere anderes wollen. Wogegen ich mich allerdings entschieder verwehre sind Gedanken- und SPrechverbote. Eine political correctness, die mir einen „Neger“ zwangsweise auf „Schwarzafrikaner“ umbessert (als ob er dann kein Neger mehr wäre!), finde ich einfach zum Kotzen. Ich will Mohammed-Karikaturen veröffentlichen dürfen (die von Dänemark fand ich teilweise ech gelungen), und das Tamtam, das von wehleidigen Mullahs jetzt über die neuesten Papst-Worte gemacht wird, finde ich einfach lächerlich (ich fürchte nur, die Herrn im Vatikan werden eilfertig in jede Hose machen, die man ihnen hinhält …).

    Ich habe nichts dagegen, wenn mich ein Mullah als „Ungläubiger“ tituliert (der ich eben aus seiner Sicht bin — okay, kann damit leben), bestehe aber darauf, im Gegenzug seinen Propheten als vermutlich epileptischen Kinderschänder bezeichnen zu dürfen (was er nach den wenigen Quellen, die wir über ihn haben, wohl gewesen sein wird) und die iranischen Groß-Ayatollahs als Gruppe ebenso größenwahnsinniger wie verkalkter Großinquisitoren …

    Auch wenn es mich stört, welche „Scherze“ im „Leben des Brian“ manchmal gemacht werden (manche sind allerdings echt gelungen!), so bin ich doch der Meinung, daß es zulässig sein muß, so einen Film zu produzieren — ebenso wie andererseits auch die „Passio“ von Mel Gibson (für die ich eine Menge Postings verfaßt habe).

    Wenn das „Relativismus“ ist, dann vertrete und verteidige ich ihn mit Zähnen und Klauen. Das, was der Papst freilich meinte, ist vieleicht das Zerrbild davon — die Attitüde à la: „Alle Schwulen / Lesben / Feministinnen / Neger / Asylanten / Drogenjunkies / Bettnässer sind so verfolgt, nur weil sie anders sind, und müssen daher gegen jegliche Kritik geschützt werden. Und wer sie dennoch kritisiert, ist ein Nazi.“ Dagegen werde ich kämpfen, solange ich kann (ich hoffe, ich kann noch lange!)

    Nur genau diese Wehleidigkeit findet man leider auch bei den Katholiken (und bei den heutigen Protestanten sowieso), die dann mit Betulichkeit auf Verständnisvoll und Caritas mimen und mir genauso den Nerv ziehen, wie irgendwelche linke Sozialarbeiter und Berufsantifaschisten. So! låss‘ ma’s! ’s bringt eh nix … (wie wir in Wien sagen würden (Übersetzung für Piefkes: „Also, lassen wir’s mal gut sein. Es hat ohnedies keinen Sinn!“)