Die folgende Typologie ist fiktiv, aber durchaus typisch für die Irrungen und Wirrungen heutiger Liturgie. Diesmal angeregt durch das Beispiel der im Deutschlandfunk übertragenen Messe aus der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum in Berlin. Zelebrant: Pater Tobias Zimmermann.
- Die Messe beginnt nicht im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, sondern mit einer mehr oder weniger frei formulierten Stand-up, in die das Kreuzzeichen nach Art eines running gag eingefügt wird.
- Vom Bußakt bleibt nur das Kyrie, mit dem der Herr begrüßt wird. Erbarmen? Versteht eh‘ kein Mensch, was das heißen soll.
- An Stelle des Tagesgebetes steht eine freie Variation über das liturgische Tagesthema, angereichert mit allem, worum wir schon immer mal bitten wollten. In der Schlussformel tritt an die Stelle des Herrschers der Schöpfer („der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und Leben schafft“).
- Die Fürbitten sind mühsam bis peinlich.
- Gabengebet: siehe Tagesgebet. Der Herr ist zugleich Bruder („durch Christus, unseren Bruder und Herrn“).
- Das Hochgebet verschlimmbessert der Zelebrant durch Erweiterungen, Ergänzungen oder Straffungen. Die Schlussdoxologie spricht er gemeinsam mit der Gemeinde.
- Voller Emphase lädt er zum Vater unser ein. Der Embolismus entfällt, der Priester geht sofort zu einem erweiterten, ergänzten oder gestrafften Friedensgebet über. Spätestens jetzt übernimmt der Moderator die Rolle des Gastgebers beim Mahle. Beim Friedensgruß grüßt möglichst jeder jeden, und ein guter Gastgeber grüßt möglichst viele seiner Gäste persönlich per Handschlag.
- Nach dem Agnus Dei zeigt der Gastgeber Christus, das gebrochene Brot, und den Kelch mit Wein, etwas verschämt auch Lamm Gottes genannt. Wenigstens einigen seiner Gäste reicht er als Zeichen des Respekts und der Höflichkeit das eucharistische Brot zuerst, bevor er selbst den Herrn empfängt. Könnte deutlicher zum Ausdruck kommen, dass der Priester an Christi Statt handelt und nicht Empfangender, sondern Geber ist?
- Schlussgebet: siehe Gabengebet.
- Vor dem Schlusssegen dankt der Gastgeber allen Mitwirkenden und wünscht in einer Art Responsorium einen schönen Sonntag, worauf die Gemeinde antwortet: Danke, gleichfalls! In einer Überleitung betont er dann, dass er um den Segen bittet.
- Dennoch erteilt er anschließend den Schlusssegen, wenn auch mit einer variierten Formel, die den Kreis der Gesegneten (nach dem Vorbild von urbi et orbi?) weit über den Kreis der Anwesenden hinaus erweitert („alle, für die wir gebetet haben“, „alle, für die wir Sorge tragen“).
- Darauf folgt die Entlassung: Lasst uns gehen in Frieden.
Deo gratias.
Ich kenne es so gut, viel zu gut.
Darum flüchte ich zuweilen dorthin, wo die Eucharistie einfach so gefeiert wird, wie im Messbuch vorgeschrieben:
– keine Phantasie bei der Komposition der Orationen,
– keine Kreativität bei der Auswahl der Lesungen,
– kein „Streich“konzert im Kanon
Schrecklich langweilig …
… oder doch nicht?
hab mich zugleich köstlich amüsiert und hatte zwischendurch immer wieder déja-vu-Gefühle.
Ich bin gerade dabei, eine möglichst unkommentierte und auch für Neotachumenale nicht zu bestreitende Schilderung der Eucharistie, des Bußakramentes und der Osternacht zu verfassen; einfach , um Information zu geben,; da geht ja derzeit“die Post ab“ bei denen: die verdrehen die päpstliche Weisung zum Gegenteil und kämpfen nach allen Seiten gegen Anfragen als seien das Anfechtungen des Bösen persönlich; naja…
schönen Tach noch…
und übrigens: danke, dass Du dein gestriges posting rausgenommen hast!
Georg
naja jetzt ( die späte/frühe Zeit entschuldigt meine Wahrnehmungsstörungen…)wo ich sie doch wieder seh, bin ich nach wie vor unglücklich und nicht einverstanden mit dieser Vorgehensweise, ob die zuletzt gepostete Gemeindregel nach Matthäus hier nicht deutlich einseitig vereinnahmt wird???
Die Beobachtung von Eduard Nagel teile ich. Ich bin auch ein bewußter »Fürbitten-Ratifizierer«. Einen Vorteil hat es: Ich bleibe wach … 😉
Lieber Cicero: Meine Haltung zur Kreativität kennst du – Vielleicht schon ein wenig. Ich habe viel für die gute alte Erfindungskunst übrig. Aber Liturgie lebt vom Kanon. Da zählt das Originale, nicht das Originelle.
Zum Schluß: Darf ich davon ausgehen, daß durch die Formulierung »unseren Hernn und Bruder« die scheinbar so zwingende Auslegung der »Herrenbrüder« als leibliche Brüder Jesu endgültig vom Tisch ist? Damit wäre doch was gewonnen!
Einen schönen Sonntag
Peter
In der Kirche war ich nie!
Aber wnn ich das so lese, werd ich da wahrscheinlich auch nie sein….
Noch schöner als Entlassungsworte fand ich manchmal „gehet hin und bringt Frieden“
Nicht alles hat sich genau so zugetragen in jener Radiomesse. Die Messe war nur der Anlass, diese Liste aufzustellen (und sie ist auch keineswegs vollständig).