in Catholica

Identität

„Im Kartensaal der Berliner Staatsbibliothek gibt es eine Deutschlandkarte, auf der die Stärke der politischen Parteien im ausgehenden Kaiserreich dargestellt ist. Auf ihr ist Deutschland dreigeteilt. Da ist der altkonservative, junkerliche, original ostelbische Osten – der weitgehend verlorene. Dann zeigt die Karte den klassischen Westen, also das Rheinland, und den Süden, fest in katholischer Hand; hier wird Zentrum gewählt. Dazwischen die rote Mitte von Hamburg übers Ruhrgebiet und Hessen-Süd. Schlesien teilen sich ziemlich gerecht Preußens Sozis und das restkatholische Zentrum. […]

Identität ist kein Spielzeug, keiner sucht sie sich aus, so en passant auf dem Weg durch die Schulzeit. Sie kann weh tun, tragisch verlaufen, man kann sie verfluchen, das ändert alles nichts. Man hat sie oder hat sie nicht. Sie hat einen. Man trägt es in sich, unter der Haut. Billiger ist das abgedroschene Wort nicht zu haben.

Und wenn tapfer kulturkritische Neudeutsche, die sehr stolz darauf sind, dergleichen nicht nötig zu haben, über Weihnachten auf die Seychellen fliehen, dann ist auch das Identität – ex negativo. Sie bezeugen, wie sehr ihnen das Wasserzeichen des Christbaums eingeprägt ist, den sie als Kitsch verspotten. Pfeifen im Wald. Sie pfeifen so sehr, dass sie abhauen müssen, wenn wieder der Baum droht.“ [Die Zeit]

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Kommentar

  1. Noch interessanter wird es, wenn man die Wahlergebnisse der dreißiger Jahre in den katholischen Gebieten mit denen der evangelischen Gebiete vergleicht!