Was Paul Kirchhof am vergangenen Sonntag gemacht hat, berichtet der Südkurier:
Donaueschingen ist nicht Wittenberg. Und Kirchhof nicht Luther. Aber auch der Heidelberger Professor hat „sieben Thesen“ dabei, als er im Defilee mit dem Fürstenpaar durch das Seitenportal tritt und im Altarraum das Bergpredigt-Motiv stellt. Mit verschränkten Armen verharrt Paul Kirchhof da zu „Besinnungsminuten“, am Boden umlagert von Zuhörern, die keinen Platz mehr in den Bänken bekommen hatten. Quarantäne nach dem schrillen Wahlkampfgetöse draußen, das Kirchhof bis zum Samstag verfolgte, ehe er sich wenigstens den Sonntag Vormittag ganz für einen privaten Tankstopp bei der Familie freigehalten hat.
Privat bleibt es dann auch zuerst noch in Donaueschingen. Im Pfarrhaus war eine behagliche Kaffeetafel gedeckt, die Paul Kirchhof, seine Frau Jutta, Fürstin Maximiliane zu Fürstenberg und Pfarrer Fischer umkränzen. Zuckersüß der Zwetschgenkuchen, leicht bitter aber die Erkenntnis des Rechts- und Steuerwissenschaftlers in vertraulich-privater Runde, in welchen medialen und parteipolitischen Reißwolf er und seine Ideen vom einfachen und gleichermaßen sozialpolitisch-motivierten Steuersystem geraten sind. […]
Auf der Kanzel dann spricht Kirchhof nicht mehr von Steuern. Dafür von der unausweichlichen Notwendigkeit, das Verfassungsrecht auf Freiheit als höchstes Gut mit der moralischen Verantwortlichkeit zum Handeln zu verbinden. Politik-Gestaltung und Absichts-Ethik als Kombi-Präparat für die Probleme unserer Zeit. Die sieben Thesen, die der Reformator 2005 dafür postuliert, sind sein Glaubensbekenntnis für ein gesellschaftliches Gestaltungsmodell, mit dem die „staatsbürgerliche Migräne“ der Depression zu therapieren wäre. Die Freiheit etwa, politisch gestalterisch handeln zu können, verliere die Komponente der Verantwortung, wenn dabei die Folgen ignoriert würden wie etwa der demographische Wandel.
„Freiheit in Toleranz“ dürfe nicht zur Legitimation von Desinteresse werden, sondern sei kraftvoller Auftrag zur Toleranz-Sicherung. „Freiheit und Demokratie“ seien wie Hand und Handschuh, das Staatsvolk, vor Verletzungen geschützt, aber zur Beweglichkeit fähig. Freiheit müsse auch mit dem nachdrücklichen Bekenntnis zu Ehe und Familie einhergehen, um die Zukunft zu bewältigen. „Was wir vor allem brauchen, das sind gut erzogene Kinder. Also müssen wir die Leistungsträger unterstützen, die diese Leistung bringen. Die Familien und Mütter.“
Applaus bricht aus. Und er bestätigt einmal mehr, wie stark in der Person Kirchhof Politik und Ethik reagieren. Denn danach fordert der Heidelberger Gelehrte auch die Freiheit, die sich unsere Kultur nehmen müsse, ihre Jugend „religionsfähig“ zu machen und damit ein Bekenntnis zu unserer Kultur abzugeben.
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