Nicht zuletzt der Weltjugendtag trägt dazu bei, dass die Wochenendausgabe der FAZ von katholischen Themen voll ist. Den Anfang macht lustigerweise ein Leserbrief von Klaus Berger, der auf Wolfgang Huber wie folgt antwortet:
Grotesk sind die Urteile Hubers über meine ökumenische Ahnungslosigkeit. Daß ich vor 1962 katholische Theologie studiert hätte und deswegen irgendwie unpassend dächte, trifft nicht zu. Das Attribut „vorkonziliarer Eiferer“, das Huber mir schon vor Monaten brieflich verlieh, betrachte ich angesichts dessen, was Huber darunter versteht, als Auszeichnung. […] Im übrigen freue ich mich über wachsende Übereinstimmung mit Bischof Huber. Gegen katholische Dauernörgler hat er jüngst als einziger den Papst verteidigt.
Der demnächst in Köln weilende Papst, seine Sicherheit und die der übrigen Pilger geben Anlass für vier Spalten auf der Seite Deutschland und die Welt. Direkt darunter Teil 1 einer Reihe von Reportagen zum Weltjugendtag, diesmal über die Ankunft französischer Jugendlicher in Rechtmehring. Im Wirtschaftsteil widmet sich die Seite Menschen und Wirtschaft dem klammen Bistum Aachen und den Sanierungsanstrengungen dort. Das Feuilleton beginnt mit einer launigen Vorschau auf die Wege des Papstes in Köln („Papa ante portas“).
Der Hammer ist jedoch ein Text von Andrzej Stasiuk, der auf einer ganzen Seite über den ersten Besuch von Johannes Paul II. in Polen schreibt:
Dann, spät in der Nacht, gingen wir auf den Schloßplatz, wo Tausende Menschen ihr Lager aufgeschlagen hatten, um am anderen Morgen an der Messe teilzunehmen. Wir hatten Decken oder Schlafsäcke dabei. Ich erinnere mich, daß das Pflaster noch immer warm war, es faßte sich glatt und warm an wie ein lebendiger Körper oder der erhitzte Panzer eines vorsintflutlichen Lebewesens. Tausende Menschen lagen und saßen da, berührten sich. Ich lehnte die Kopf an jemandes Brust. Manche schliefen schon, andere schmiegten sich an ihre Gefährten, suchten Schutz vor der Kälte der Nacht. Ich frage mich, wie wir wohl von oben, aus der Höhe, vom Himmel ausgesehen haben mögen. Wahrscheinlich wie ein heidnisches, ungeordnetes Leiberknäuel, wie die mittelalterliche Vision des Letzten Gerichts, der Höllenstrafe. Die meisten von uns ließen sich von der ruhigen Atemzügen und dem Schnarchen auf dem Platz in den Schlaf wiegen. Diese schlafende Masse im Herzen der Stadt war das Vertrauen selbst. Wir schliefen wie unschuldige Kinder, überzeugt, daß uns nichts zustoßen könne, denn über uns wachte eine gute Macht.
Was der polnische Papst für sein Land bedeutet, zeigt sich auch in diesen Zeilen. Nun kommt ein deutscher Papst auf seiner ersten Reise außerhalb Italiens nach Deutschland und trifft ausgerechnet dort die Jugend der Welt. Was hat der Heilige Geist sich dabei bloß gedacht?
Welche Veränderungen werden von diesem Weltjugendtag ausgehen? Welche eisernen Vorhänge geraten jetzt womöglich ins Wanken? Wird dieses müde, seiner selbst überdrüssige Land dadurch anders? Im September haben wir die Wahl zwischen dem ersten Kanzler, der seinen Amtseid ohne die Formel „So wahr mir Gott helfe“ sprach, und einer geschiedenen Protestantin mit Guido Westerwelle im Gepäck.
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