Eine Biografie, die sich mit theologischen Grundlagen befasst? Schenkt man der Rezension von Guido Heinen (in der Welt vom 13.08.) Glauben, so hat Alexander Kissler eine solche vorgelegt:
„Sein Blick auf die Kirche in Deutschland, die in einem protestantisch, von Spätausläufern des Kulturkampfes geprägten Land auf irritierende Weise als die der ‚besseren‘, papstkritischen Deutschen geriert, wird manchen schmerzen. Kisslers besondere Leistung liegt darin, daß er es nicht bei einer Draufsicht bewenden läßt, sondern tief in die theologischen Grundlagen Ratzingers eintaucht. Kissler entdeckt bei Ratzinger das Prinzip der ‚benediktinischen Ganzheitlichkeit‘ und leitet von da den Konflikt ab, in den er mit einer Universitätstheologie treten mußte, die jeden Bezug zum Dogma verloren zu haben scheint. Daß Ratzinger, Wissenschaftler auf höchstem Niveau, diese Kritik so leidenschaftlich wie treffend äußerte, mag den Wunsch, sich nicht mit ihm auseinanderzusetzen, verstärkt haben.
Umso erfrischender ist es zu lesen, wie mit der häufig verbreiteten Legende eines ‚frühen‘ und ’späten‘ Ratzingers, der angeblichen Wandlung von einem ‚guten‘ Konzilstheologen zu einem ‚bösen‘ Reaktionär, aufgeräumt wird. Ratzinger ist sich treu geblieben, seine Begriffe von Kirche, Volk Gottes, Gottesherrschaft sind heute keine anderen als vor vierzig Jahren. Er hat sich weiterentwickelt, sicher, aber Teile der Kirche haben eine Entwicklung durchgemacht, die die vom II. Vatikanum gelegten Grundlagen verdunkelt.“
Alexander Kissler: Der deutsche Papst. Benedikt XVI. und seine schwierige Heimat. Herder, Freiburg. 192 S., 19,90 EUR.
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Nachtrag: Mehr dazu bei Scipio.