in Catholica

Eine Note von Kalkül

Die Worte rational und vernünftig unterscheiden sich durch eine Nuance. Rational, da klingt immer so ein bisschen der Gedanke des Kalküls mit. Vernünftiger Gehorsam, das kann man schon sagen, weil es nicht unvernünftig ist, einer solchen personalen Evidenz zu folgen. Vernunftprinzipien sind nicht das absolut Erste – Vernunft setzt voraus: Vertrauen in die Vernunft. Vertrauen aber ist etwas Personales. Es gilt einem Gesicht, einer Stimme.

Sie sagten, im rationalen Gehorsam schwingt eine Note von Kalkül mit. Das könnte zum Beispiel der Verlorene Sohn sein, der eben jetzt doch zum Vater zurückgeht, weil es ihm da objektiv besser geht? Aber Glaube wäre noch mehr, zum Beispiel der Glaube der Märtyrer, die auf Christi Wort hin sein Wort verkünden, obwohl sie genau wissen, dass sie dafür ihr Leben verlieren?

Ja. Und beim Verlorenen Sohn ist es wohl auch so, dass in dem Augenblick, wo der Vater ihn in seine Arme schließt, der Kalkül bedeutungslos wird und er einfach froh ist, wieder bei diesem Vater zu sein. Jesus lehrt uns oft, unseren Vorteil klug zu kalkulieren. Ich sehe darin immer ein Zeichen der göttlichen Barmherzigkeit. Gott könnte sich ja zu schade sein, uns mit Drohungen und Versprechungen zu sich zu locken. Er ist sich nicht zu schade. Die Wunder Jesu sind ja auch von dieser Art. Er tadelt die Juden, dass sie „Zeichen“ sehen wollen, ehe sie ihm glauben. Aber dann gibt er diese Zeichen.

Robert Spaemann im Interview der Tagespost

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