in Catholica

Abendmahlsgemeinschaft

Ökumene auf allen Kanälen. Ralf stellt eine eucharistische Frage:

„Anfangen möchte ich aber mit einem Anliegen, das immer an uns herangetragen wird: die sog. Abendmahlsgemeinschaft, d.h. die regelhafte Zulassung von Mitgliedern der aus der Reformation hervorgegangenen kirchl. Gemeinschaften zur Eucharistie.“

Das Problem damit ist sogar noch ein geringeres als der umgekehrte Fall. Denn für den oben beschriebenen Fall gilt laut Ut unum sint (1995),

„daß die katholischen Priester in bestimmten Einzelfällen die Sakramente der Eucharistie, der Buße und der Krankensalbung anderen Christen spenden können, die zwar noch nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber sehnlich den Empfang der Sakramente wünschen, von sich aus darum bitten und den Glauben bezeugen, den die katholische Kirche in diesen Sakramenten bekennt.“

(Ich nehme an, dies war die Intention von Joseph Card. Ratzinger, als er Roger Schütz beim Requiem für Johannes Paul II. die Kommunion reichte.) Diesen Ansatz nimmt Ecclesia de Eucharistia (2003) wieder auf:

„Es ist notwendig, diese Bedingungen genau zu befolgen. Sie sind unumgänglich, auch wenn es sich um begrenzte Einzelfälle handelt. Die Ablehnung einer oder mehrerer Glaubenswahrheiten über diese Sakramente, etwa die Leugnung der Wahrheit bezüglich der Notwendigkeit des Weihepriestertums zur gültigen Spendung dieser Sakramente, hat zur Folge, daß der Bittsteller nicht für ihren rechtmäßigen Empfang disponiert ist. Und umgekehrt kann ein katholischer Gläubiger nicht die Kommunion in einer Gemeinschaft empfangen, der das gültige Sakrament der Weihe fehlt.“

Nun wieder Ralf zur Abendmahlsgemeinschaft:

Das Anliegen verstehe ich zwar menschlicherseits (Harmonie ist eben immer schöner), aber nicht auf theolog. Ebene. Es wird bei den ökumen. Bemühungen immer das Jesuwort aus dem Joh. Ev. herangezogen, sein Gebet, in dem er bittet, daß die Gläubigen eins sein mögen, damit die Welt glaube, daß Gott Vater ihn in die Welt gesandt hat – sprich: die Einheit dient dem Zeugnis der Christen in der nichtchristlichen Welt.

Soweit so gut (nota bene: Einheit kein Selbstzweck!).

Gesetzt dem Fall, es gäbe die Abendmahlsgemeinschaft. Würde dadurch ein deutliches Zeichen Christi in die Welt gesandt werden? Ich sage nein, denn die sichtbare Kirchengemeinschaft bestünde dadurch ja nicht, für einen Außenstehenden gäbe es nicht einen Deut mehr Klarheit. Im Gegenteil, alles erschiene absolut gleich-wertig. Für die Wirkung nach außen ist aber schon rein psychologisch verheerend, wenn alles gilt. Wie soll man da überzeugen?“

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Kommentar

12 Kommentare

  1. Es wäre aber schön, wenn wir die Einheit als das verstehen, wie Jesus sie verstand (sagt Er zumindest so): als Mittel zum Zeugnis für die Nichtgläubigen.
    Was würde denn die eucharist. Gastfreundschaft dahingehend bringen?

  2. „Das hat für mich vor allem mit Demonstration von Macht zu tun […] „

    Das hat mit Liebe zur Wahrheit zu tun. Ganz einfach. Prinzipielle Gleichberechtigung kann nicht bedeuten, dass die Wahrheit und ihr Gegenteil gleichwertig sind.

    Deine protestantische Pflicht und Schuldigkeit wäre es, uns zu erklären, worin und warum wir irren – in bester reformatorischer Tradition. Davon sehe ich, wenn es ans Eingemachte geht, leider nach wie vor wenig. (Ausnahmen wie Dein Beitrag zum Primat des Papstes bestätigen die Regeln.)

    Wir erklären Dir seitenweise, worin und warum die protestantische Tradition irrt – und Du wischst dies einfach vom Tisch und tadelst den Überbringer der Botschaft, statt einfach mal kraftvoll darzulegen, warum die protestantischen Auffassungen wahr sind und die katholischen falsch (dort, wo es Differenzen gibt)?

    Was nützen uns die schönsten Gemeinsamkeiten (von denen übrigens Ut unum sint randvoll ist, aber das mal nur nebenbei bemerkt), wenn damit Differenzen nur verkleistert werden sollen, statt sie offen auszutragen?

  3. @matthias:
    *kopfschüttel*
    Worüber haben wir in den vergangenen Tagen eigentlich so viel diskutiert? Als wäre das alles nicht gewesen… 🙁

    Ich möchte Dich gerne noch einmal dazu einladen, meinen Beitrag zu den Sakramenten genau zu lesen. Dort schreibe ich: „(…) die Sakramente sind weder von ihrer Bedeutung, noch vom Spendevorgang, noch vom Material des Sakraments her beliebig veränderbar. Die Kirche ist in diesen Dingen an die Apostolische Tradition gebunden.“

    Aus den beiden Briefen des Hl. Paulus an Timotheus wird deutlich, dass es die Dreistufigkeit des Weiheamtes – und seine Weitergabe in sakramentaler Form, also durch Handauflegung – schon von Beginn an gegeben hat. Auch Jakobus schreibt davon, dass man zur Krankensalbung „die Ältesten der Gemeinde“ (also die Presbyter) rufen solle: nichts mit „es soll einfach irgendwer hingehen und das tun“. (Ach ja, ich vergesse, Luther wollte ja den Jakobusbrief aus dem Kanon schmeißen…)

    Es tut mir sehr Leid (und dem Papst sicher auch), aber die katholische Kirche ist einfach nicht befugt alles Mögliche zu verändern, damit es anderen Leuten in den Kram passt. Sie ist daran gebunden, was die Apostel erhalten und weitergegeben haben: die Apostolische Tradition. (Sie ist lediglich befugt, diese Lehre zu entfalten, ein genaueres Verständnis dafür zu entwickeln.) Warum dann nicht gleich die Dreifaltigkeitslehre oder die Lehre, dass Christus ganz Gott und ganz Mensch war, abschaffen? Sind ja auch nur Dogmen…

    Wenn man aber in diesen Dingen pick-and-choose macht, weil’s mal vor 500 Jahren ein paar Leuten so gefallen hat, dann soll man sich nicht wundern, wenn der andere darin nicht grad die Einheit sieht. Es ist so, als würde jemand zu einem anderen sagen: „Ich halte zwar nichts von Treue, werde mit anderen Leuten Sex haben, und werde auch getrennt von dir wohnen – aber ich will unbedingt, dass du mich heiratest! Ich will, ich will, ich will! Sonst magst du mich nicht und dann bin ich dir ganz-ganz böse! Und diese Ideen von Treue und so, das ist doch ganz altmodisches Zeug – warum denkst du nicht mal für dich selbst, dann würdest du draufkommen, dass du mit diesen Ideen doch nur von deiner Familie und deinen Vorfahren indoktriniert wurdest…“

    Oder wie schreibt Chesterton:

    The ordinary sensible sceptic or pagan is standing in the street (in the supreme character of the man in the street) and he sees a procession go by of the priests of some strange cult, carrying their object of worship under a canopy, some of them wearing high head-dresses and carrying symbolical staffs, others carrying scrolls and sacred records, others carrying sacred images and lighted candles before them, others sacred relics in caskets or cases, and so on. I can understand the spectator saying, “This is all hocus-pocus”; (…) But in what conceivable frame of mind does he rush in to select one particular scroll of the scriptures of this one particular group (a scroll which had always belonged to them and been a part of their hocus-pocus, if it was hocus-pocus); why in the world should the man in the street say that one particular scroll was not bosh, but was the one and only truth by which all the other things were to be condemned? (…) To say to the priests, “Your statues and scrolls are condemned by our common sense,” is sensible. To say, “Your statues are condemned by your scrolls, and we are going to worship one part of your procession and wreck the rest,” is not sensible from any standpoint, least of all that of the man in the street.

  4. > Wenn man aber in diesen Dingen
    > pick-and-choose macht, weil’s mal
    > vor 500 Jahren ein paar Leuten so
    > gefallen hat

    Na, nun aber mal langsam mit der Polemikkanone, Petra!

    Du kennst (denke ich!) die evangelische Auffassung zum Thema: daß nämlich ganz im Gegenteil die Glaubensfäden des Urchristentums damals wieder aufgegriffen wurden, die in Jahrhunderten durch eine (vor allem von weltlichem Machtkalkül geleitete) „pick-and-choose“-Mentalität abgerissen waren. Da wird dann halt seitdem „alles geprüft und das Gute behalten“. Das schließt ein, zu manchen Themen keine fertige Antwort zu haben, aber noch lange keine Beliebigkeit.

    Die Auffassung muß kein römischer Christ teilen, aber deshalb muß er sie nicht ins Lächerliche ziehen.

    Beide Seiten (d.h. vereinfacht: Rom auf der einen und der ÖRK auf der anderen Seite) sehen ihre jeweilige Auffassung als die legitime Fortsetzung der Urkirche und wir werden hier natürlich niemals einen gemeinsamen Standpunkt finden können, wer recht hat.

    Das mag ich als Evangelischer als stillen Triumph verbuchen, denn aus meiner Sicht können weite Teile der Römischen Christenheit locker unter die Kirche gezählt werden, was sich umgekehrt verbietet. Somit könnte kein Papst die Ökumene aufhalten: seine Konfession ist immer eine gültige und für viele Menschen hilfreiche Erscheinungsform von Kirche (nicht anders als bei von mir aus den Zeugen Jehovas, die in gleicher Weise anderen Konfessionen die rechtmäßige Nachfolgschaft absprechen, aber aus meiner Sicht auch „dazugehören“).

    Zu dieser Auffassung von Kirche gehört aber selbstverständlich, und das geht jetzt an Matthias, daß ich die Eigenheiten einer solchen Ausprägung von Kirche akzeptiere. Ich muß sie nicht gut finden, muß mich nicht mit Mission zurückhalten, wo ich sie angebracht finde. Aber ich kann ihr doch von ihr nicht verlangen, das aufzugeben, was sie im Kern ausmacht!

    Es gibt selbst hierzulande genug Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre persönliche Gottesbeziehung aufzubauen. Die können nicht eingeladen werden auf die Suche nach der Wahrheit. Und für die ist es doch aus evangelischer Sicht besser, wenn sie in der Römischen Kirche in Form von vorgefertigten Glaubenssätzen und allerlei aus unserer Sicht eher hinderlichen Glaubensumwegen („Fürsprache“, Reliquien etc.) einen Zugang zu Christus finden, als gar keinen. Wer die „Römische Sekte“ im ökumenischen Übereifer demontieren will, nimmt diesen Menschen vielleicht die Chance! Und die Erwartung, als gleichwertige anerkannt zu werden, ist ja schon nicht vereinbar mit dem Kern Römischer Lehre!

  5. „Du kennst (denke ich!) die evangelische Auffassung zum Thema: daß nämlich ganz im Gegenteil die Glaubensfäden des Urchristentums damals wieder aufgegriffen wurden, die in Jahrhunderten durch eine (vor allem von weltlichem Machtkalkül geleitete) ‚pick-and-choose‘-Mentalität abgerissen waren.“

    Das müsste dann (denke ich!) mal nachgewiesen werden. Zum genauen Gegenteil dieser These hat sich Petra bereits die Finger wund geschrieben – während von Eurer Seite nicht viel mehr als die blanke Behauptung zu lesen war. Woher bitte willst Du wissen, was die Glaubensfäden des Urchristentums waren, wenn nicht aus der Verkündigung der Kirche?

    Im Grunde ist die Summe Eurer Argumentation die: Kohärenz und innere Stimmigkeit des Glaubens ist weder wünschenswert noch möglich, deshalb kann eine kohärente und in sich stimmige Verkündigung des Evangeliums (wie die der katholischen Kirche) bestenfalls als eine unter vielen, inkohärenten und unstimmigen Alternativen akzeptiert werden – aber nur, wenn sie ihren Wahrheitsanspruch aufgibt.

    Das soll dann Ökumene sein. No, Sir!

  6. Ach komm, wenn Dir gar nichts mehr einfällt, dann nimmst Du halt die ganz schweren Keulen? Arroganz, Intoleranz – wenn ich das schon höre!

    Wenn Kohärenz und innere Stimmigkeit nicht möglich sind, dann sollten wir ganz schnell aufhören zu reden. Dann sind nämlich gar keine sinnvollen Glaubensaussagen möglich, und alle Mühen darum vergebens. Dann gibt es auch kein Kriterium, die Wahrheit zu erkennen – willkommen im Agnostizismus!

    Auf eine Ökumene der Inkohärenz und Unstimmigkeit kann ich verzichten, ich arroganter und intoleranter Sack.

  7. Ich habe ein paar allgemeine Gedanken zu diesem Thema gepostet….

    Ich muss auch sagen, ich bin enttäuscht. Ich habe im Internet schon mehrmals Debatten zwischen Katholiken und evangelikalen Christen in den USA gelesen: nie wäre es den Evangelikalen eingefallen, den Wahrheitsanspruch der katholischen Kirche im Prinzip zu kritisieren! Im Gegenteil, es ging immer darum, dass ihrer Ansicht nach diese oder jene Praxis oder Lehre der Kirche der Bibel widersprach: und so konnte dann über konkrete Beispiele diskutiert werden, nämlich über die Bedeutung von Bibelstellen.

    Hier wird aber offenbar – dem relativistischen Zeitgeist entsprechend – jeder Wahrheitsanspruch in Frage gestellt: was, wie ich schon geschrieben habe, von einem Agnostiker noch irgendwie plausibel wäre, von einem Christen aber schon weniger.

    Matthias, wenn Du schon so argumentierst: woher weißt Du denn, dass nicht vielleicht doch die Arianer (oder die Nestorianer, die Marcioniten, die Modalisten, die Donatisten, die Gnostiker, und wie sie alle heißen) Recht hatten? Warum glaubst Du denn z. B., dass Christus ganz Gott und ganz Mensch war? Oder dass es die Dreifaltigkeit gibt, die aus drei getrennten Personen besteht, die die gleiche göttliche Substanz haben? Nur weil Du heute lebst und nicht vor 1500 Jahren und das heute kein ernsthaftes Diskussionsthema mehr darstellt?

    Lässt Dich denn der Neo-Neo-Semi-Arianismus (Jesus war gar kein Gott, sondern nur ein Mensch) denn nicht erschaudern? Oder ist das vielleicht auch ein legitimer Weg der „Suche nach der Wahrheit“? Haben denn nicht unsere Vorfahren eh nur 700 Jahre lang über diese Fragen debattiert?

    Und wenn Du meinst, dass ich Dir wieder Relativismus vorwerfe: warum soll denn ausgerechnet das wahr sein, was die Kirche vor 1500 Jahren gesagt hat, aber das nicht, was sie vor 500 oder vor 100 Jahren gesagt hat? Nur weil dazwischen die Reformation war? Und was hat das denn mit der WAHRHEIT zu tun?

    @philipp: Ich wünschte mir, dass Du genauer darlegen könntest, wo die katholische Kirche bei den Glaubenswahrheiten pick-and-choose gemacht hat.

    Die Apostelbriefe und die Apostelgeschichte, von den Schriften der Kirchenväter gar nicht zu reden, sind etwa voll mit Hinweisen darauf, dass schon die Frühkirche z. B. das dreistufige Weiheamt und die Apostolische Sukzession (beides durch Übergabe des Heiligen Geistes durch Handauflegung) hatte. Die Kirche hat das von Anfang an so gehalten, keiner (außer einigen gnostischen Gruppen, die mit so schnödem materiellen Sachen eh nichts am Hut hatten und in Christus nur einen Weisheitslehrer sahen) hat das in Frage gestellt.

    1500 Jahre später kommen dann die Reformatoren und sagen plötzlich, dass fünf der sieben Sakramente, die in der Kirche schon seit Anbeginn bestanden haben, auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen sind, weil sie als Sakramente nicht biblisch begründbar sind. (Calvin und die Baptisten haben dann übrigens auch bald das Abendmahl zwanglos entsorgt.)

    Die Frage bleibt dann noch: Was war denn deren Meinung nach überhaupt die Definition eines Sakramentes, wenn all die biblischen Hinweise auf Buße, Ehe, Weiheamt und Krankensalbung einfach so in den Wind gestreut werden konnten?

  8. Ich möchte mal einen Themenvorschlag machen. Man kann eventuell einiges über Ökumene und ihre Zukunft lernen, wenn man die Entwicklung der christlichen Grundströmungen in den letzten Jahrzehnten betrachtet und sich fragt, wie diese sich realistischerweise weiterentwickeln können.

    Das ist natürlich ein riesiges Thema, von dem man immer nur einen kleinen Ausschnitt beleuchten kann (vorzugsweise den deutschsprachigen Raum) aber auch das kann vielleicht lohnenswert sein.

    Ich möchte mal so einen kleinen Ausschnitt geben:
    Mir hat vor kurzem ein Bekannte von ihrer Kindheit und Jugend in der altreformierten Kirche erzählt. Das war noch vor 30 Jahren eine sehr strenge Gemeinschaft, die die „Anpassungen an den Zeitgeist“ der Reformierten in Holland nicht mitmachen wollte und sich als Wahrer des reformierten Erbes (und eigentlich der christlichen Wahrheit überhaupt) verstanden. Disko war nicht, am Sonntag zweimal in den Gottesdienst, strenge Gemeindezucht durch die Ältesten, Freundschaft mit Lutheranern: ein heikle Sache, Freundschaft mit Katholiken: fast undenkbar,…
    Das hat sich in den letzten 30 extrem verändert. Sie sind immer noch stramm pietistisch aber das Selbstverständnis die „wahren“ Christen zu sein ist nicht mehr da. Eine theologische Abgrenzung zu anderen pietistischen/evangelikalen Gemeinden ist kaum noch da. Ungefähr nach dem Motto:“Wir sind Christen, die Baptisten, Methodisten… sind auch Christen und in der evangelischen und katholischen Kirche gibt es auch viele Christen“. Was sie zusammenhält ist einfach das normale Gemeindeleben.

    Ich denke diese Tendenz ist zumindest in Deutschland (Europa?) fast in allen größeren Freikirchen gegeben. Die Unterschiede und Abgrenzungen werden, zumindest im Verständnis der normalen Gemeindemitglieder, schwächer. Es gibt natürlich immer noch diverse Splittergruppen „Bekenntnisbewegung XYZ“, die sich versuchen dem zu widersetzen aber insgesamt setzt sich diese Tendenz durch. Ein ähnliches Verständnis herrscht in den pietistischen Gemeinden der EKD. Ich begrüße diese Tendenz eigentlich aber frage mich natürlich auch: Wie geht das weiter? Wie wird das in 30, 50 Jahren sein?

    Ich denke hier steckt ein große Chance für die Katholiken ihre „Wahrheit“ unter die Leute zu bringen. Meiner Meinung nach können sie das aber am besten tun, indem sie erstmal als fromme Christen sichtbar werden und nicht primär indem sie versuchen den anderen einzubläuen, dass der Papst unfehlbar ist o.ä. Das ist dem normalen Evangelikalen kaum zu vermitteln. Was überzeugt, ist frommes Leben und ernstehafte Nachfolge Christi.

    Etwas anderes das sich zu betrachten lohnt ist das „liberale“ evangelische Christentum. Das ist heute, denke ich, fast schon am Ende: Gähnend leere Kirchen, bestenfalls noch etwas musikalisches/kulturelles Programm. Eine durchschnittliche evangelische Gemeinde besteht fast nur noch aus Struktur, kaum noch aus Gläubigen.
    Aber ich vermute, auch da ist eine langsame Belebung in Sicht, die Einsicht ist da, dass es so nicht weitergeht und dass es wohl auch an mangelnder geistliche Substanz liegt. Nicht zufällig war dieser Kirchentag „frömmer“ als die vorangegangenen.

    Soweit einige kurze Eindrücke von mir. Mich würde doch sehr interessieren, wie ihr die „Linie“ eurer Kirche seht und wie sie sich in Zukunft fortsetzen wird. Dabei ist, denke ich, nicht nur der offizielle Kurs, „das Lehramt“ zu berücksichtigen, sondern auch das Empfinden von „Otto-Normal-Gottesdienstgänger“.

  9. Es muß nachgewiesen werden? Das geht (nicht nur) meiner Ansicht nach genausowenig wie das Gegenteil.

    Ich denke, ein Ausgangspunkt, wo noch Einigkeit herrschen dürfte, ist daß die christliche Theologie nicht von Punkt null an fertig war, sondern gewachsen ist. Von Jesu Lehre über Paulus, allerlei Kirchenväter bis zu den großen Theologen dieser Zeit ist das Gebäude der Theologie gewachsen. Soweit okay?

    In jedem konkreten Punkt gibt es nun mögliche Differenzen, für die jede Seite mehr oder weniger gute Argumente auffährt. Das beginnt bereits bei den „ganz harten“, die aus Jesus einen lieben Wanderprediger machen wollen und den kompletten Paulus bereits als „Vergewaltigung der Lehre des Nazareners“ ansehen. Selbst dafür können sie allerlei biblische Argumente auffahren … ich muß wohl keinem erläutern, wie arg man mit der Bibel so ziemlich alles gegründen kann!

    Die spätere Verheiratung der christlichen Lehre mit Aristoteles sorgt dann bis heute für Differenzen zwischen den Theologen, quer durch alle Konfessionen. Man kann diese Entwicklung als gottgewollt und notwendig interpretieren oder als historische Gegebenheit, auf die es in anderem kulturellen Kontext zu verzichten gilt. Keiner soll mir erzählen, es gäbe unwiderlegbare Beweise für die eine oder andere Auffassung!

    Und damit komme ich vorsichtig zum Kern des Themas hier. Ich finde den Tonfall hier zum Teil extrem abwertend und hoffe, daß meiner nicht umgekehrt genauso wirkt. Ich will hier niemanden angreifen, keinen Menschen, keinen Glauben, keine Glaubensgemeinschaft. Ich versuche nur die Auffassung von mir (und großen Teilen der Christenheit) darzulegen. Ich hoffe, es kommt richtig an.

    Schaffen wir zunächst wieder eine gemeinsame Basis: nach Pfingsten und nach den Missionsreisen entstanden damals immer mehr Gemeinden, die einerseits selbständig waren, andererseits Kontakt hielten bis hin zu gemeinsamen Konzililien.

    Unbestritten dürfte weiterhin sein, daß die Gemeinde von Rom auf einigen Konzililien eine besondere Stellung beanspruchte, mit dieser Forderung aber auf Widerstand stieß.

    Für alles weitere gibt es wohl unterschiedliche Auffassungen. Sehr platt formuliert lesen die sich so, daß Rom darauf pocht, immer schon diese Stellung gehabt zu haben und dafür seine bekannten Gründe anführt, während die andere Seite die gleichberechtigte Unabhängigkeit der Patriarchate als gottgewollten Ausgangszustand sieht. Damit sind für die römische Seite sind jene, die den römischen Primat nicht anerkennen, „Spalter“, für die anderen hat Rom sich aus der kirchlichen Gemeinschaft abgespalten.

    Und damit liefere ich jetzt die gewünschte „evangelische“ Sichtweise auf die Krichengeschichte (wohl wissend, daß Ihr sie nicht akzeptieren könnt, aber es macht halt den Eindruck, als sei diese Sichtweise gar nicht ausreichend bekannt):

    Die vom Heiligen Geist gestiftete Kirche entwickelte sich an unterschiedlichen Orten unterschiedlich, versuchte aber in den entscheidenden Glaubensfragen durch gemeinsame Beschlüsse verbunden zu bleiben.

    Das Wachstum der Kirche schuf auch Machtstrukturen, die leider im Laufe der Jahrhunderte an Bedeutung gewannen. Bei manchen Konzilsbeschlüssen dient die theologische Frage mehr als Arena für Machtkämpfe; bedeutende Kirchenführer wurden mit ihrer unterlegenen Meinung plötzlich zu machtlosen „Ketzern“.

    Die Gemeinde in Rom hatte durch ihre Verbindung mit der weltlichen Macht in Rom eine herausragende Position erlangt, die es (wenn ich mich recht entsinne) 451 erstmalig mit einer „theologischen“ Begründung unterfütterte, um seinen Anspruch durchzusetzen. Erfolglos, aber von diesem Zeitpunkt an existiert die Römische Gemeinde als abgespaltene Institution, die zwar noch an Konzilien teilnimmt, aber daneben ihr nicht allgemein anerkanntes Selbstverständnis pflegt.

    Da die Römische Gmeinde ihre Auffassungen im Kielwasser der weltlichen Macht des Römischen Reiches verbreitet, wird sie in weiten Teilen der damaligen Welt zur maßgeblichen christlichen Institution und setzt schließlich die eigene Institution mit der vom Heiligen Geist gestifteten Kirche gleich.

    Mit der Zeit flossen immer mehr vom jeweiligen Zeitgeist inspirierte Interpretationen, Volksfrömmigkeiten und als Theologie getarnte Maßnahmen zum Machtausbau in die römische Lehre ein, die mehrmals Versuche einer Kurskorrektur provozierten. In der Reformation entzündete sich an diesen Streitpunkten schließlich die Frage, ob diese Kirche überhaupt die Kirche sei. Wieder waren es Machtinteressen (auf beiden Seiten), die zu einer Spaltung führten. Auf Seiten der aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen wurde in der Folgezeit ein Großteil der damaligen Lehre hinterfragt und in unterschiedlichem Maße verworfen. Dieser Prozeß dauert bis heute an und wird bis zum Jüngsten Tag andauern.

    Als Folgeinstitution der Konzilien erscheint der Ökumenische Rat der Kirchen, in dem es den verschiedenen Orthodoxen Kirchen, „Lutheranern“, Reformierten, Baptisten, Charismatikern, Altkatholiken, einigen Anglikanischen Kirchen usw. gelingt, gemeinsame Positionen zu finden. Es fällt auf, daß unter den wenigen Nichtmitgliedern gerade jene Kirchen sind, die in gewaltsame Glaubensauseinandersetzungen verwickelt sind, etwa die die nordirischen Protestanten mit der Römischen Kirche.

    So, das war es in groben Zügen und sollte Euch eigentlich nicht überraschen. Es lohnt sich wohl nicht, sich mit gegenteiligen Begründungen „die Finger wund zu schreiben“: die sind wohl hinlänglich bekannt. Und was bringt es, wenn wir uns hier über die uralte Frage auseinandersetzen, ob Petrus in Rom gewesen ist. Das haben schon größere nicht klären können.

    Meiner Auffassung nach lohnt es sich eher, sich Gedanken zu machen, wie man unter diesen Voraussetzungen Gemeinsames pflegen kann. Wie man von einander lernen kann, ohne sich selbst aufzugeben. Wie man einander achten und verstehen kann.

    Und dazu gehört für mich z.B. (siehe Überschrift), einzusehen, daß Abendmahlgemeinschaft dauerhaft unmöglich sein wird, ohne daß eine Seite zentrales verliert. Aber kann ein gemeinsames Agapemahl nicht nicht auch Ausdruck einladender Gemeinschaft sein.

    Friede sei mit Euch!