Schönborn

Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat mit einer Kolumne in der New York Times Furore gemacht. Nur ein Zitat für die Akten:

„Throughout history the church has defended the truths of faith given by Jesus Christ. But in the modern era, the Catholic Church is in the odd position of standing in firm defense of reason as well. In the 19th century, the First Vatican Council taught a world newly enthralled by the ‚death of God‘ that by the use of reason alone mankind could come to know the reality of the Uncaused Cause, the First Mover, the God of the philosophers.

Now at the beginning of the 21st century, faced with scientific claims like neo-Darwinism and the multiverse hypothesis in cosmology invented to avoid the overwhelming evidence for purpose and design found in modern science, the Catholic Church will again defend human reason by proclaiming that the immanent design evident in nature is real.“ [kath.net]

Und die Übersetzung:

„Die Geschichte hindurch hat die Kirche die von Jesus Christus geoffenbarten Wahrheiten des Glaubens verteidigt. Aber in der Moderne ist die katholische Kirche in der seltsamen Position, dass sie auch die Vernunft verteidigen muss. Im 19. Jahrhundert lehrte das Erste Vatikanische Konzil eine gerade vom ‚Tod Gottes‘ faszinierte Welt, dass die Menschheit allein durch den Gebrauch der Vernunft die Wirklichkeit der unverursachten Erstursache, des Ersten Bewegers, des Gottes der Philosophen erkennen kann. Jetzt, am Beginn des 21. Jahrhunderts, wird die katholische Kirche angesichts von wissenschaftlichen Ansprüchen wie dem Neo-Darwinismus und der ‚Multiversum-Hypothese‘ in der Kosmologie (die aufgestellt wurden, um dem überwältigenden Beweis für Zweck und Plan auszuweichen, der in der modernen Wissenschaft zu finden ist) neuerlich die menschliche Vernunft verteidigen und verkünden, dass der in der Natur offensichtlich vorhandene immanente Plan wirklich ist.“ [kath.net]

In der New York Times erschien ein Tag später ein Hintergrundstück zum Thema, gefolgt von einer ganzen Serie von Leserbriefen am Montag. Schönborn nahm am gleichen Tag selbst Stellung zu seinem Artikel. Und die Blogosphäre rührt sich auch.

Nachtrag: Schönborn über den Unterschied zwischen Evolutionstheorie und Neodarwinismus [kath.net]

Scheffczyk

Wer einmal ökumenisch inkorrekte, aber klare und nachvollziehbare Worte zur Frage der eucharistischen Gastfreundschaft lesen möchte, dem seien die Darlegungen von Leo Cardinal Scheffczyk in der Tagespost wärmstens empfohlen. Scheffczyk erläutert die Hintergründe der Kommunion von Frère Roger Schütz beim Requiem für Johannes Paul II., das bekanntlich Joseph Cardinal Ratzinger zelebrierte. Zur Frage der Zulassung von Nichtkatholiken zum Empfang der Eucharistie schreibt er:

Es erscheint jedenfalls unmöglich, dass jenes Sakrament, welches „die Quelle und den Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens“ darstellt, ohne ein Bekenntnis zu dieser Kirche im ganzen fruchtbar empfangen werden könnte. Man darf jedoch annehmen, dass dies auch die neueren Formulierungen nicht ausschließen möchten und dass sie den Blick nur praktischerweise auf das Ersterfordernis des Glaubens an das Sakrament richten wollen.

Andererseits ist nicht zu verkennen, dass solche Formulierungen Anlass boten, die Forderungen für einen fruchtbaren Empfang des Sakramentes bei Nichtkatholiken weiter zurückzuschrauben und sich mit einem Minimum zufriedenzugeben, das sich etwa schon mit der Begründung begnügt: „Wir haben doch alle den gleichen Herrn“ oder: „Auch die evangelischen Brüder und Schwestern glauben doch an die eucharistische Gegenwart Christi“.

Was aber in der Praxis noch mehr zur Nivellierung beitrug, war die Trennung dieser Ausnahmeregelung vom einzig anerkannten Todesfall (um den Fall der Gefangenschaft und Verfolgung ein wenig erweitert) und ihre Etablierung als immer mögliche ökumenische Praxis. Bei näherem Hinblick erweist sich diese Ausnahme vom Verbot der Spendung der Sakramente an Nichtkatholiken abgeleitet und durchkonstruiert von dem Grenzfall des Todes und der damit verbundenen Sorge um das ewige Heil.

Sie ist dann sachlich auch immer mit der Annahme verbunden, dass eine solche Spendung nicht beliebig oft wiederholt werden kann, ohne dass die Kirche vom evangelischen Empfänger nicht ernste Konsequenzen hinsichtlich seines konfessionellen Standes einfordern müsste, was zuletzt mit dem einschlussweisen Bekenntnis eines solchen Eucharistieempfängers an die die Eucharistie spendende Kirche zusammenhängt. Jedenfalls wäre eine wiederholte Inanspruchnahme dieser Sonderregel innerlich widersprüchlich.

Man kann nicht in der einen Kirche kommunizieren, aber sich zur anderen Kirchengemeinschaft bekennen. Gerade aber das geschieht heute oft schon dort, wo man mit dem einzigen Grund der „großen Sehnsucht“ nach der wahren eucharistischen Gegenwart Christi evangelische Christen zur Eucharistie zulässt oder sie sogar dazu einlädt. Im Extremfall ergibt sich daraus die von einem Briefschreiber befürwortete Paradoxie, dass evangelische Christen im (angeblichen) Wissen um die Defizienz des eigenen Abendmahls an diesem festhalten, aber wegen der „großen Sehnsucht“ nach dem wahrhaft gegenwärtigen Herrn zusätzlich das katholische Sakrament empfangen. Dieser so genannte „konfessionell wechselnde Empfang“ ist in Wirklichkeit nichts anderes als die Preisgabe jeglichen objektiven Eucharistieglaubens zugunsten eines christlichen Eklektizismus und Synkretismus, die am Ende beide in der „dritten Konfession“ landen.

Nachtrag: Ein seltsames Dementi von Vatikansprecher Joaquín Navarro-Valls:

Frére Roger habe sich „ungewollt in der Schlange befunden, die sich vor Kardinal Joseph Ratzinger für den Empfang der Kommunion gebildet habe, und es sei unmöglich gewesen, ihn zurückzuweisen, „auch weil sein katholischer Glaube bestens bekannt ist“. Navarro-Valls betonte, dass Roger Schutz streng gegen ein gemeinsames Abendmahl sei. „Dies ist ein völlig aussergewöhnlicher Fall, der nicht verallgemeinert werden darf.“

Benedikt von Nursia

Wenn du etwas Gutes beginnst, bestürme ihn beharrlich im Gebet, er möge es vollenden.
Dann muss er, der uns jetzt zu seinen Söhnen zählt, einst nicht über unser böses Tun traurig sein.
Weil er Gutes in uns wirkt, müssen wir ihm jederzeit gehorchen; dann wird er uns einst nicht enterben wie ein erzürnter Vater seine Söhne;
er wird auch nicht wie ein furchterregender Herr über unsere Bosheit ergrimmt sein und uns wie verkommene Knechte der ewigen Strafe preisgeben, da wir ihm in die Herrlichkeit nicht folgen wollten.
Stehen wir also endlich einmal auf! Die Schrift rüttelt uns wach und ruft: „Die Stunde ist da, vom Schlaf aufzustehen.“ (Röm 13,11)
Öffnen wir unsere Augen dem göttlichen Licht, und hören wir mit aufgeschrecktem Ohr, wozu uns die Stimme Gottes täglich mahnt und aufruft.
„Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht!“
Und wiederum: „Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist der Gemeinden sagt!“
Und was sagt er? „Kommt ihr Söhne, hört auf mich! Die Furcht des Herrn will ich euch lehren.
Lauft, solange ihr das Licht des Lebens habt, damit die Schatten des Todes euch nicht überwältigen.“
Und der Herr sucht in der Volksmenge, der er dies zuruft, einen Arbeiter für sich und sagt wieder:
„Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht?“
Wenn du hörst und antwortest : „Ich“, dann sagt Gott zu dir:
Willst du wahres und unvergängliches Leben, bewahre deine Zunge vor Bösem und deine Lippen vor falscher Rede! Meide das Böse und tue das Gute! Such Frieden und jage ihm nach!
Wenn ihr das tut, blicken meine Augen auf euch, und meine Ohren hören auf eure Gebete; und noch bevor ihr zu mir ruft, sage ich euch: Seht, „Ich bin da“.
Liebe Brüder, was kann beglückender für uns sein als dieses Wort des Herrn, der uns einlädt?
Seht, in seiner Güte zeigt uns der Herr den Weg des Lebens.
Gürten wir uns also mit Glauben und Treue im Guten, und gehen wir unter der Führung des Evangeliums seine Wege, damit wir ihn schauen dürfen, der uns in sein Reich gerufen hat.
Wollen wir in seinem Reich und in seinem Zelt wohnen, dann müssen wir durch gute Taten dorthin eilen; anders kommen wir nicht ans Ziel.
Aus dem Prolog der Regel des Hl. Benedikt

Zwei Jahre

Jetzt hätte ich doch fast das Jubiläum dieses bescheidenen Notizbuches verpasst. Heute vor zwei Jahren habe ich die erste Notiz verfasst. Da war Scipio schon fast ein Jahr auf Sendung. Und Ralf hat zwölf Tage später begonnen…

Kündigung

Ich habe gerade folgendes Schreiben verfasst:

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit 16 Jahren bin ich Abonnent von Publik-Forum. Ihr Blatt hat mich über eine lange Zeit hinweg begleitet – auch eine Zeit der Glaubensferne. Auch wenn mir die Trennung von Publik-Forum deshalb nicht leicht fällt, ist nun der Punkt erreicht, an dem sich unsere Wege gabeln.

Um es kurz zu machen: Mein Bedarf an drittklassigen Häresien ist gedeckt. Ich las gerade heute eine, wie ich finde, nicht völlig abwegige Charakterisierung von Publik-Forum als „Zeitschrift der die gemeinschaftliche Religion ablehnenden Neo-Gnostiker und Pantheisten“. Ich sehe nicht ein, warum ich jede uralte Irrlehre als Innovation begrüßen soll, nur weil sie heute im neuen Gewand auftritt.

Kritik am Bestehenden als alleinige Grundhaltung läuft sich irgendwann tot. So erscheint mir Publik-Forum als ein Generationenprojekt, und zwar ein Projekt der Generation Vaticanum II, die langsam alt wird. Damit soll nichts gegen das Konzil gesagt sein, im Gegenteil, aber alles gegen einen obskuren „Geist des Konzils“, der sich jedenfalls in den Konzilsdokumenten nicht finden lässt. Wo mir jemand weismachen will, die Kirche habe sich beim jüngsten Konzil quasi neu erfunden, da werde ich skeptisch.

Vielen Dank also für viele lesenswerte Artikel, für 16 Jahre Wegbegleitung und für alle berechtigte Kritik an unhaltbaren Zuständen, wo immer sie auch zu diagnostizieren sein mögen!

Bitte stellen Sie die Lieferung von Publik-Forum ab sofort ein. Für die restliche Laufzeit meines Abonnements senden Sie das Heft bitte an …

Und hier seid Ihr gefragt, liebe Leser: Wer möchte für die Restlaufzeit (bis Ende 2005) mein Heft bekommen? Mail an m.recke bei gmail.com genügt!

Katholische Confessio

Der Rheinische Merkur hat einen Text von Joseph Ratzinger (1977) ausgegraben, der sich mit der Katholizität des Augsburger Bekenntnisses befasst:

„Die Forschungen der letzten Jahre konvergieren dahin, dass die Confessio Augustana als grundlegende lutherische Bekenntnisschrift nicht nur aus diplomatischen Gründen so abgefasst wurde, dass sie reichsrechtlich als katholisches Bekenntnis auslegbar sein sollte; sie wurde auch mit innerer Überzeugung als Suche nach evangelischer Katholizität konzipiert – als ein Mühen darum, das brodelnde Gebilde der frühen reformatorischen Bewegung in einer Weise zu filtern, die es zu katholischer Reform gestalten konnte.“

Ökumenische Pflichtlektüre!

Illusionistisch


Württembergs Landesbischof Gerhard Maier im Rheinischen Merkur:

Wird es bis zum nächsten Ökumenischen Kirchentag 2010 eine Abendmahlsgemeinschaft zwischen Katholiken und Protestanten geben?

Dafür scheinen mir die Voraussetzungen nicht gegeben. Ich fühle mich auch als evangelischer Christ ehrlicher, wenn wir uns vor einer Abendmahlsgemeinschaft erst einmal über Grundfragen verständigen. Deshalb halte ich es für illusionistisch und vordergründig, das gemeinsame Abendmahl mit einer bestimmten Jahreszahl zu versehen. Ich muss respektieren, dass katholische Mitchristen zuerst von ihrem eigenen Glaubensverständnis dazu kommen müssen, das gemeinsame Abendmahl zu bejahen. Wenn wir Protestanten als Kirche und nicht nur als Gemeinschaft anerkannt werden wollen, müssen wir dieses Recht auch der katholischen Kirche zugestehen und ihren eigenen Weg zu mehr Ökumene respektieren.“

Meine Kirche, Seine Kirche

Auf der Suche nach einem Nachfolger für Publik-Forum bin ich mal wieder beim Rheinischen Merkur gewesen. Dort finde ich (in einer Rezension zu den Grundsatzreden aus fünf Jahrzehnten von Joseph Ratzinger) diese scharfsichtigen Bemerkungen:

Präzise hat Joseph Ratzinger bereits Anfang der siebziger Jahre Ursachen und Ausmaß der Krise der Kirche erkannt und benannt. Eine Krise, die damals im Reformeifer von vielen offensichtlich nicht erkannt worden ist.

1970 hat der damalige Professor für Dogmatik an der Universität Regensburg in einem Vortrag in der Katholischen Akademie in München zum Thema „Warum ich noch in der Kirche bin“ referiert und analysiert:

„An die Stelle Seiner Kirche ist unsere Kirche und sind damit die vielen Kirchen getreten, jeder hat die seinige . . . Hinter ,unserer Kirche‘ oder auch ,eurer Kirche‘ ist uns ,Seine Kirche‘ entschwunden.“

Damit war für den Theologen Joseph Ratzinger auch schon die prinzipielle Antwort gegeben:

„Ich bin in der Kirche, weil ich trotz allem daran glaube, dass sie zutiefst nicht unsere, sondern eben ,Seine‘ Kirche ist.“

Und weiter heißt es da:

„Die Kirche ist es, die uns, trotz all der Menschlichkeit der Menschen in ihr, Jesus Christus gibt, und nur durch sie können wir ihn als eine lebendige, vollmächtige, mich jetzt und hier fordernde und beschenkende Wirklichkeit empfangen. Die Kirche ist es, durch die er über die Distanz der Geschichte hinweg lebendig bleibt, heute zu uns spricht, heute bei uns ist als unser Meister und Herr, als unser Bruder, der uns zu Geschwistern vereint.“